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FEBRUAR

"Wir dürfen von uns nicht mehr verlangen, als in uns ist"
(Franz von Sales, DASal 6,332)

Es gibt Zeiten, in denen uns alles zu viel ist; in denen wir angeschlagen sind und keine Kraft und Energie mehr spüren. Wenn wir das nicht wahrhaben wollen und die gleiche Leistung von uns verlangen wie in Zeiten, in denen wir voller Kraft und Energie sind, kann es passieren, dass wir uns überfordern und uns selbst gegenüber ungerecht werden.

In einem Brief an eine Dame schreibt Franz von Sales: „Meine sehr liebe Tochter, wir dürfen nicht ungerecht sein und dürfen von uns nicht mehr verlangen, als in uns ist. Wenn wir an Leib und Gesundheit behindert sind, dürfen wir von unserem Geist nichts verlangen als Unterwerfung, Annahme des Leides und heilige Vereinigung unseres Willens mit dem Wohlgefallen Gottes, die sich im obersten Bereich der Seele formen. Die Tätigkeit nach außen hin müssen wir dann ordnen und vollbringen, so gut wir vermögen, und uns damit begnügen, sie auch dann zu tun, wenn es mit Widerwillen, kraftlos und schwerfällig geschieht. Um diese Erschöpfung, Schwere und Erstarrung des Herzens wieder zu beheben und sie der göttlichen Liebe dienstbar zu machen, muss man die daraus entstehende Erniedrigung eingestehen, auf sich nehmen und lieben.“ (DASal 6,332)

Diese Worte des heiligen Franz von Sales können mich ermutigen, meine Schwäche anzunehmen und mir selbst gut zu sein, auch dann noch, wenn ich nicht mehr viel fertigbringe. Oft merken wir erst sehr spät, manchmal vielleicht auch gar nicht, dass wir über unsere Kräfte gehen und mehr leisten wollen, als wir können. Wir gestehen unsere Schwäche nicht gerne ein. Oder wir sind so beschäftigt und um so vieles besorgt, dass wir darüber die Sorge um uns selbst vergessen. Wenn ich aber nicht achtsam bin auf mich selbst, kann ich es auch auf andere nicht sein, und wenn ich meine Schwäche nicht akzeptiere, werde ich mich schwer tun mit den  Schwächen anderer. So braucht es nicht nur die Sorge um die anderen und um unsere Aufgaben, sondern auch die Sorge um uns selbst, wie Bernhard von Clairvaux an Papst Eugen III. schreibt: „Damit deine Menschlichkeit allumfassend und vollkommen sein kann, musst du also nicht nur für alle anderen, sondern auch für dich selbst ein aufmerksames Herz haben. … Wie lange noch schenkst du allen anderen deine Aufmerksamkeit nur nicht dir selber?“

Vielleicht bietet uns die kommende Fastenzeit die Möglichkeit, uns immer wieder Zeiten des Rückzugs zu gönnen, in denen wir aufmerksam werden auf uns selbst und auf unser eigenes Herz. Wir können den, der uns liebt, alles sehen lassen. Er kennt uns ja und weiß um unser Gebrochensein, um unsere Grenzen und unser Versagen. Alles, was wir in uns finden, dürfen wir ihm hinhalten und darauf vertrauen, dass es unter seinem liebenden Blick geheilt wird, ja, dass sogar etwas Kostbares daraus entstehen kann, so wie Franz von Sales es dann in seinem Brief schreibt: „So werden Sie das Blei Ihrer Schwere in Gold verwandeln und in ein feineres Gold, als aus der lebhaftesten Freude Ihres Herzens kommen könnte.“ (DASal 6,332)

Ich möchte schließen mit einem symbolischen Bild, das mir in einem kleinen Text von Iris Macke begegnet ist, mit dem Titel „Goldene Spur“. Ich gebe den Inhalt in eigenenWorten wieder: In Japan gibt es eine Reparaturmethode für Keramik mit Namen »Kintsugi«  – »Goldreparatur«. Wenn eine Keramikschale zerbricht, werden die Scherben beim Zusammenfügen mit einem  mit Goldstaub vermischten Lack geklebt. So bleiben zwar die Bruchstellen als Risse sichtbar, aber sie ergeben ein neues, schönes Muster. Durch sie gewinnt ganze Gefäß an Kostbarkeit und Schönheit - es ist neu und anders geworden – schöner leuchtend als zuvor.

Wie eine wiederhergestellte Schale bin auch ich vielfach gebrochen und habe sichtbar vieles durchgemacht. Aber ich durfte – nicht ohne große Mühe und Geduld – wieder heil und ganz werden und kann nun wieder neu gefüllt werden. Gerade die vergoldeten Risse machen mich jetzt einzigartig schön.

Vielleicht kann uns dieses Bild anregen, in unserem Leben neu auf die Suche zu gehen - nach goldenen Spuren.

Mit herzlichen Grüßen aus dem Kloster Zangberg
Sr. M. Jutta

 

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