Urteil

  • "Manche Menschen urteilen freventlich nicht aus Verbitterung, sondern aus Stolz. Sie meinen ihre eigene Ehre in dem Maß zu steigern, als sie die des anderen herabsetzen: freche und anmaßende Leute, die sich selbst bewundern und sich so erhaben dünken, dass alle Menschen in ihren Augen unbedeutend sind und tief unter ihnen stehen."
    (DASal 1,175f)

  • "Das freventliche Urteilen müssen wir in seinen Ursachen bekämpfen. Es gibt Menschen mit verbittertem, essigsaurem, vergrämtem Charakter, die alles bitter und sauer machen, was sie anfassen, und wie der Prophet Amos (6,3) sagt, jedes Urteil mit Wermut tränken, die über den Nächsten nicht anders als mit unerbittlicher Strenge urteilen."
    (DASal 1,175)

  • "So musst auch du immer zugunsten des Nächsten urteilen, soweit es nur möglich ist. Hätte eine Handlung hundert Gesichter, so sollst du das schönste ansehen."
    (DASal 1,177)

  • "Das Laster des freventlichen Urteils ist eine geistige Gelbsucht; sie lässt in den Augen der von ihr Befallenen alles schlecht erscheinen. ... Sind deine Affekte, deine Gesinnung gütig, so wird auch dein Urteil gütig sein; sind sie liebevoll, wird auch dein Urteil liebevoll sein."
    (DASal 1,177)

  • "Unsere Seele hat zwei Kinder; eines davon ist das eigene Urteil, das andere der Eigenwille. Beide wollen ihren Platz, das Urteil zur Rechten, der Wille zur Linken. Ja, denn unser Urteil will über allem anderen stehen und sich nicht unterwerfen, ebenso wenig unser Eigenwille."
    (DASal 9,242f)

  • "Hüten Sie sich davor, sich in Liebschaften zu verstricken, ich bitte Sie, und gestatten Sie sich nicht, dass Liebesgefühle Ihr Urteil und Ihre Vernunft bei der Bewerbung um liebenswürdige Wesen überrumpeln; denn wenn einmal das Gefühl seinen Lauf genommen hat, schleift es die Urteilskraft wie einen Sklaven zu einer nicht ratsamen Bewerbung nach, der bald die Reue auf dem Fuß folgt."
    (DASal 6,198)

  • "Das freventliche Urteil bewirkt Unruhe, Verachtung der Mitmenschen, Hochmut, Selbstgefälligkeit und viele andere schädliche Folgen, unter denen die lieblose Nachrede eine der schlimmsten ist, eine wahre Pest der Gesellschaft."
    (DASal 1,179)

  • "Wenn Sie die Kanzel verlassen, so ergötzen Sie sich nicht damit, dass Sie jene eitlen Lobsprüche der Menge anhören: Oh! Wie trefflich hat er gepredigt! Welch eine schöne Sprache! Welch eine wissenschaftliche Tiefe! Welch ein bewunderungswürdiges Gedächtnis! ... - Nichts als eitles Geplauder ist dies; und so sprechen nur Leute, die gar kein Urteil haben."
    FRANZ VON SALES (nach Camus, S. 207)

  • "Die sich am meisten mit Verstand versehen glauben und sich auf die Schärfe ihres Urteils am meisten zugute tun, sind immer die kurzsichtigsten."
    FRANZ VON SALES (nach Camus, S. 13)

  • "Verrichte deine Arbeit niemals hastig, denn jede aufgeregte Hast trübt Vernunft und Urteil; damit hindert sie uns, eine Sache gut zu machen, auf die wir solch blinden Eifer verwenden."
    (DASal 1,134)

  • "Man behandelt manchmal die Schriftsteller zu hart. Man fällt sehr rasch ein strenges Urteil über sie und offenbart dabei selbst mehr an Taktlosigkeit, als jene an Unklugheit, da sie ihre Schriften voreilig veröffentlichten."
    (DASal 3,38)

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