Herz Jesu


  • "Ein Kind wird weinen, wenn es sieht, wie man der Mutter mit einem Schnitt zur Ader läßt; verlangt aber die Mutter zur gleichen Zeit von ihm einen Apfel oder ein Stück Zucker, das es in der Hand hält, so wird es nichts davon hergeben. So sind auch zumeist diese zärtlichen Frömmeleien: man weint und schluchzt, wenn man das Herz Jesu von einer Lanze durchbohrt sieht. Ja, es ist gewiß schön, wenn man das bittere Leiden und Sterben unseres Herrn und Erlösers beweint; aber warum geben wir ihm nicht den Apfel, den wir in der Hand halten, den er von uns so inständig verlangt, nämlich unser Herz, den einzigen Liebesapfel, den dieser treue Heiland von uns fordert? Warum verzichten wir nicht auf die kleinen Neigungen, Freuden und Befriedigungen, die er uns aus der Hand nehmen möchte und nicht kann, weil sie unsere Süßigkeit sind, nach der wir gieriger verlangen als nach seiner himmlischen Gnade? Ach, das sind Freundschaften von kleinen Kindern, zärtlich aber schwach, phantastisch aber wirkungslos! Die Frömmigkeit besteht nicht in diesen Zärtlichkeiten, in diesem Gefühlsüberschwang; das alles entstammt zuweilen einem weichen und empfindsamen Charakter, zuweilen kommt es vom bösen Feind; er will, daß wir damit herumtändeln, deshalb erregt und erhitzt er unsere Phantasie so lang, bis sie diese Wirkungen hervorbringt."
    (DASal 1,232)

  • "Die Liebe, auf dem Herzen des Erlösers wie auf ihrem königlichen Thron ruhend, schaut durch die Öffnung seiner durchbohrten Seite auf alle Herzen der Menschenkinder. Denn da dieses Herz König aller Herzen ist, hält es seine Augen immer auf die Herzen gerichtet. Doch wie jene, die durch ein Gitter schauen, wohl sehen, aber selbst nur undeutlich gesehen werden, so sieht die göttliche Liebe dieses Herzens, oder vielmehr dieses Herz der göttlichen Liebe, unsere Herzen immer klar und deutlich und schaut sie mit den Augen seiner innigen Liebe an. Wir aber sehen es nicht, sondern erkennen es nur schwach und undeutlich. Denn, o Gott, sähen wir es, wie es ist, so würden wir vor Liebe zu ihm sterben, da wir doch sterblich sind, so wie es selbst für uns starb, als es sterblich war, und wie es jetzt noch sterben würde, wenn es jetzt nicht unsterblich wäre."
    (DASal 3,265)

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