Ein strahlendes Fest
der salesianischen Spiritualität
400-jähriges Gründungsjubiläum der Heimsuchung in Annecy, 6. Juni 2010
Die Stadt Annecy, das touristische Schmuckstück in den französischen Alpen, präsentierte sich am 6. Juni 2010 von seiner schönsten Seite. Bei herrlichem Sonnenschein feierte die Stadt den 400. Gründungstag der Ordensgemeinschaft der Schwestern der Heimsuchung Mariens durch die Heiligen Franz von Sales (1567-1622) und Johanna Franziska von Chantal (1572-1641).
Schon die Tage davor waren von diesem Jubiläum geprägt. Zahlreiche Ordensschwestern von Heimsuchungsklöstern aus aller Welt (Europa, Nord- und Südamerika, Afrika, Asien) fanden sich in „ihrer Geburtsstadt“ ein, um ihr Gründungsfest zu begehen, die historischen Stätten ihrer Gründung zu besichtigen und an diesen Stätten Gottesdienste zu feiern. Von der deutschsprachigen Föderation der Heimsuchungsschwestern waren neben dem geistlichen Assistenten P. Herbert Winklehner OSFS die Föderationsoberin Schwester Lioba Zezulka vom Kloster Zangberg bei Altötting und Schwester Benedicta Döring vom Kloster Pielenhofen bei Regensburg nach Annecy gekommen.
Aus den kleinen, bescheidenen Anfängen im „Haus der Galerie“, dem ersten Heimsuchungskloster, wo sich die vier ersten Schwestern – Johanna Franziska von Chantal, Marie-Jacqueline Favre (1592-1637), Jeanne-Charlotte de Brechard (1580?-1637) und Anne-Jacqueline Coste (+1623) – am 6. Juni 1610 einfanden, ist eine weltweite Ordensgemeinschaft mit etwa 150 Klöstern und 2500 Schwestern geworden.
Die Bewahrung der Schätze salesianischer Spiritualität
Höhepunkt der Feierlichkeiten bildete der Festgottesdienst am Gründungstag in der Basilika der Heimsuchung, der vom französischen Fernsehen live übertragen wurde. In der Basilika befinden sich die Reliquienschreine der beiden Gründer sowie die sterblichen Überreste von Marie-Jacqueline Favre und Jeanne-Charlotte de Brechard, die zu diesem Anlass im Altarraum der Basilika aufgestellt waren.
Die Festmesse, an der neben den Heimsuchungsschwestern auch zahlreiche Vertreter anderer Ordensgemeinschaften der salesianischen Familie (Oblaten des hl. Franz von Sales, Missionare des hl. Franz von Sales, Salesianer Don Boscos, Töchter, Söhne und Priester der Gemeinschaft des hl. Franz von Sales) sowie Freunde der Heimsuchung aus Annecy teilnahmen, wurde vom Bischof der Diözese Annecy, Yves Boivineau, geleitet. Ihm zur Seite stand der Bischof der Diözese Valance, Jean-Christophe Lagleize, ein Mitglied der Gemeinschaft des hl. Franz von Sales und großer Förderer der salesianischen Spiritualität, sowie der Generaloberer der Oblaten des hl. Franz von Sales, P. Aldino Kiesel OSFS, der Provinzial der Missionare des hl. Franz von Sales in Frankreich, P. Jean-Paul Fournier MSFS, und der Generalassistent der Heimsuchungsschwestern, der Don Bosco Salesianer P. Valentin Viguera SDB. Die musikalische Gestaltung übernahm ein "gemischter" Chor aus Heimsuchungsschwestern aus verschiedenen Klöstern aus Frankreich und der Schweiz.
Schon in seiner Begrüßung machte Bischof Boivineau deutlich, welche Freude es für die Stadt Annecy und die ganze Welt ist, dieses Jubiläum zu feiern. Dem Orden der Heimsuchung ist es zu verdanken, dass das Werk und die Spiritualität des heiligen Franz von Sales heute in der ganzen Welt verbreitet ist und vielen Menschen hilft, ihr Christsein in der Welt zu leben. Rund 200 Jahre lang haben die Schwestern die Schätze dieser Spiritualität als einzige salesianische Ordensgemeinschaft aufbewahrt und vor allem in den schweren Jahren der Französischen Revolution (1789-1799) vor der Zerstörung gerettet, ehe im 19. Jahrhundert durch einen neuen salesianischen Frühling auch andere salesianische Gemeinschaften gegründert wurden und begonnen haben, den Geist des hl. Franz von Sales zu verbreiten.
Eucharistie: Gottesliebe wird zur Nächstenliebe
In seiner Predigt konzentrierte sich der Bischof auf das salesianische Eucharistieverständnis. Da Fronleichnam in Frankreich kein Feiertag ist, wird das Hochfest des Leibes und Blutes Christi am Sonntag danach gefeiert. Bischof Boivineau erinnerte daran, dass für Franz von Sales die Eucharistie die „Sonne der geistlichen Übungen“ war, das „Zentrum der christlichen Religion“. Ähnlich sah es auch die heilige Johanna Franziska von Chantal, die von Jugend an die Gegenwart Christi in der Eucharistie verteidigte und verehrte. Und in den Klöstern der Heimsuchung genießt die eucharistische Anbetung von Anfang einen zentralen Stellenwert, was durch die von der heiligen Heimsuchungsschwester Margareta Maria Alacoque (1647-1690) angestoßene Herz Jesu Verehrung noch einmal unterstrichen wurde. In der salesianischen Spiritualität und damit auch in der Lebensweise des Heimsuchungsordens wird allerdings ebenso deutlich, dass die Anbetung der Gegenwart Gottes in der Eucharistie durch die gelebte Nächstenliebe auf die ganze Welt ausstrahlen soll. Gottesliebe und Nächstenliebe sind nicht zwei verschiedene Grundhaltungen, sondern gehören untrennbar zusammen. Gottesliebe muss sich wesentlich in der Nächstenliebe verwirklichen, damit die Menschen spüren, dass Gott mitten unter uns gegenwärtig ist.
Rund 800.000 Menschen in Frankreich und Belgien konnten diese wichtige salesianische Botschaft via Fernsehen live mitverfolgen.
Im Anschluss an den Festgottesdienst luden die Heimsuchungsschwestern von Annecy und deren Oberin Schwester Marie de la Trinité die Gäste zu einem Empfang in den Innenhof und Kreuzgang des Klosters ein. Dabei wurde spürbar, dass der salesianische Geist der Heimsuchung ein Geist herzlicher Begegnung ist, konkrete Nächstenliebe, die aus der Gottesliebe genährt ist.
Originelles Theaterstück
Den Abschluss des Festtages bildete das Theaterstück "Sentinelles du matin" (Wächter am Morgen), das der Provinzial der französischen Provinz der Sales-Oblaten, P. Michel Tournade OSFS, verfasste und mit Schülerinnen und Schülern der Oblatenschule Collège St. Michel in Annecy einstudierte. Selbstverständlich ging es in diesem Stück um die Gründungsgeschichte des Heimsuchungsordens und die Bedeutung der Heiligen Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal für die Welt des 21. Jahrhunderts. Zwei Jugendliche von Heute - Solenne und Cédric, tretten einander bei der Statue des hl. Franz von Sales am Ufer des Sees von Annecy. Cédric fragt, wer dieser „alte Mann“ ist, woraufhin Solenne die Geschichte des hl. Franz von Sales, seiner Begegnung mit Johanna Franziska von Chantal und die Gründung der Heimsuchung erzählt. Cédric, der anfangs mit solch frommen Themen gar nichts anfangen kann, wird immer neugieriger und erkennt schließlich, dass die salesianische Interpretation der christlichen Botschaft auch für sein persönliches Leben wertvoll sein kann. Besonders originell war, dass am Ende des Stückes nicht nur zwei „Originalheimsuchungsschwestern“ auftraten, sondern auch sämtliche anwesenden Heimsuchungsschwestern auf die Bühne gebeten wurden, um dem Publikum zu zeigen, dass die Saat des Franz von Sales und der Johanna Franziska von Chantal noch nach 400 Jahren Früchte trägt und lebendig ist.
Bischof Boivineau, der das Stück ebenso mitverfolgte, brachte am Ende seinen Dank an die Schauspieler und den Regisseur P. Tournade OSFS zum Ausdruck und das Fest des Tages auf den Punkt: „Es ist schön zu erleben, wie lebendig und aktuell die salesianische Spiritualität ist. Die Heimsuchungsschwestern brauchen sich dafür nicht zu verstecken, sondern sollen diese salesianische Botschaft der frohen Gottesliebe weiterhin mit ganzer Kraft in die Welt hinaus tragen.“
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P. Herbert Winklehner OSFS