Heimsuchung heißt Begegnung

Vor vierhundert Jahren wurde die Ordensgemeinschaft der Heimsuchung Mariens gegründet

Am 6. Juni 2010 jährt sich der Gründungstag der katholischen Ordensgemeinschaft der Schwestern der Heimsuchung Mariens zum 400. Mal. Ins Leben gerufen wurde sie von den Heiligen Franz von Sales (1567-1622), Bischof von Genf-Annecy, und Johanna Franziska von Chantal (1572-1641).
Der Name „Heimsuchung“ erinnert an die biblische Begegnung zwischen Maria und Elisabet aus dem Lukasevangelium, bei der das Magnificat – der Lobpreis Gottes – entstand. „Heimsuchung heißt Begegnung“, formulieren daher auch die Schwestern heute und fassen ihre wesentlichen Ziele folgendermaßen zusammen:
„Wir Schwestern von der Heimsuchung Mariens leben eine Spiritualität der Begegnung, die in der biblischen Begegnung von Maria und Elisabet (Lk 1,39-56) wurzelt. Wir möchten Antwort geben auf die Beziehungslosigkeit, Sprachlosigkeit und Einsamkeit unserer Zeit. Wir leben dies vor allem aus der Begegnung mit Gott, unserer Mitte und Quelle. Wir leben dies in der Begegnung mit Mitschwestern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Mitmenschen, Kirche und Welt nach dem Vorbild unserer Gründer Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal.“

Ursprünge und Gründung

Die Wurzeln der Ordensgemeinschaft reichen zurück in das Jahr 1598. Franz von Sales lernte damals in Rom die Gemeinschaft um die heilige Francesca Romana (1384-1440) kennen, eine Gruppe von Frauen, die im Gebet und in der Sorge um die Kranken und Armen der Stadt Gott dienen wollten.
Sechs Jahre später, am 5. März 1604, begegnete er dann in Dijon der Baronin Johanna Franziska von Chantal, einer Witwe und Mutter von vier Kindern, die 1601 ihren Ehemann durch einen tragischen Jagdunfall verloren hatte. Zwischen ihnen entwickelte sich eine einzigartige geistliche Freundschaft, aus der die Idee erwuchs, auch in Annecy eine ähnliche Gemeinschaft von Frauen zu gründen, die einerseits „Töchter des Gebetes“ sind, andererseits den Armen helfen und Kranke pflegen.
Am 6. Juni 1610 war es dann soweit: Die ersten vier Schwestern – Johanna Franziska von Chantal, Jeanne-Charlotte de Bréchard, Jacqueline Favre und Anne-Jacqueline Coste – konnten ihr gemeinsames Ordensleben im so genannten „Haus der Galerie“ mit Blick auf den See von Annecy beginnen.
Schon bald gesellten sich weitere Frauen hinzu, sodass schon nach zwei Jahren ein größeres Gebäude gesucht und bezogen werden musste.

Änderungen

1615 sollte dann außerhalb der Diözese Genf-Annecy und des Herzogtums Savoyen eine weitere Gründung erfolgen, nämlich im französischen Lyon. Der dortige Erzbischof Denis-Simon de Marquemont (1572-1626) verlangte allerdings für die kirchliche Anerkennung, dass der Heimsuchungsorden eine klassisch-kontemplative Schwesterngemeinschaft mit strenger Klausur nach den Regeln des heiligen Augustinus werden müsse. Die apostolische Tätigkeit der Armen- und Krankenpflege außerhalb der Klostermauern müsse also eingestellt werden. Franz von Sales, der darin den Willen Gottes erkannte, stimmte dieser Änderung zu. Beibehalten wurde jedoch, dass die Heimsuchungsklöster weiterhin offen für gebrechliche Frauen sind, außerdem sollten sich Frauen für gewisse Zeit ins Kloster zurückziehen können, um dort Ruhe und geistliche Nahrung zu finden. Der Grundsatz sollte gültig bleiben: Wenn die Schwestern nicht zu den Menschen hinausgehen dürfen, dann sollen die Türen offen bleiben, damit Bedürftige und Rat Suchende ins Kloster hineinkommen können. Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal können also als Erfinder von „Kloster auf Zeit“ betrachtet werden.

Ausbreitung

Die Ordensgemeinschaft erhielt in dieser veränderten Form die päpstliche Anerkennung am 23. April 1618 durch Papst Pius V. Die Ausbreitung der Heimsuchung erfolgte daraufhin sehr rasch. Bis zum Tod des hl. Franz von Sales 1622 gab es bereits 13 Heimsuchungsklöster, bis zum Tod Johanna Franziska von Chantal 1641 waren es schon 87. Heute leben weltweit etwa 2500 Schwestern in 155 Klöstern in 33 Staaten auf vier Kontinenten.
Das erste Kloster im deutschen Sprachraum wurde 1667 in München gegründet. 1717 erfolgte eine Klostergründung in Wien. In der so genannten „Deutschsprachigen Föderation“ des Ordens leben heute etwa 120 Schwestern in sieben Klöstern in Deutschland (Beuerberg, Dietramszell, Oberroning, Pielenhofen, Uedem, Untermarchtal, Zangberg), zwei in Österreich (Wien, Thurnfeld) und je ein Kloster in Tschechien (Kroměříž) und Kroatien (Zagreb).

Die bisher schwerste Bewährungsprobe in der 400-jährigen Geschichte des Ordens erlebten die Schwestern der Heimsuchung während der französischen Revolution (1789-1799). In Frankreich wurden in diesen Jahren sämtliche Klöster enteignet und teilweise zerstört. Zwei Schwestern von Bordeaux und St. Denis wurden hingerichtet.

Heilige und Selige

Zur Geschichte des Ordens der Heimsuchung Mariens gehören auch einige Heilige und Selige sowie einflussreiche Persönlichkeiten. Neben den Gründern Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal ist die bekannteste Heilige der Heimsuchung die heilige Margareta Maria Alacoque (1647-1690). Sie war Schwester im französischen Heimsuchungskloster Paray-le-Monial und trug wesentlich zur weltweiten Verbreitung der Herz-Jesu-Verehrung in der katholischen Kirche bei. Die Feier des Herz-Jesu-Festes sowie der Herz-Jesu-Freitage geht auf ihre Herz-Jesu-Visionen zurück.

Im 19. Jahrhundert sorgte Sr. Maria Salesia Chappuis (1793-1875), Heimsuchungsschwester von Troyes bei Paris, nicht nur dafür, dass sich die Klöster nach den Wirren der napoleonischen Kriege (1808-1813) erholten und erneuerten, sondern auch dafür, dass weitere salesianische Ordensgemeinschaften, nämlich die Oblatinnen und Oblaten des hl. Franz von Sales, durch den französischen Priester Louis Brisson (1817-1908) gegründet wurden. Sowohl für Sr. Maria Salesia Chappuis als auch für Louis Brisson läuft in Rom der Seligsprechungsprozess.

Von 1841 bis 1907 lebte Sr. Marie-Marthe Chambon. Aus der savoyardischen Heimat von Franz von Sales stammend, trat sie 1862 im Heimsuchungskloster Chambéry ein. Ähnlich wie Margareta Maria Alacoque erhielt sie in Visionen den Auftrag, die Andacht zu den Fünf Wunden Jesu Christi zu verbreiten. Diese Andacht wurde 1885 bischöflich und 1924 gesamtkirchlich anerkannt. 1937 wurde ihr Seligsprechungsprozess eingeleitet, der bis heute jedoch noch nicht zu Ende geführt ist.

Während des spanischen Bürgerkrieges (1936-1939) erlitten Sr. Gabriela de Hinojosa (1872-1936) und sechs weitere Schwestern des Heimsuchungsklosters von Madrid das Martyrium. Sie wurden am 17. und 23. November 1936 erschossen, weil sie ihr Ordensleben nicht aufgeben wollten. Die Sieben Märtyrerinnen von Madrid wurden am 10. Mai 1998 selig gesprochen.

 

Für eine ungarische Heimsuchungsschwester, Maria Margit Bogner (1905-1933), läuft ebenso der Seligsprechungsprozess. In Anlehnung an die heilige Thérèse von Lisieux (1873-1897) wird sie die „Kleine Theresia von Ungarn“ genannt. Sie gehörte zu den ersten Schwestern, die in Érd in der Nähe der ungarischen Hauptstadt Budapest ein Kloster gründeten.

 

Salesianische Spiritualität

Der Orden der Heimsuchung Mariens war und ist der Garant und Hüter dafür, dass die Spiritualität ihrer Gründer Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal weiter lebendig bleibt. Im Gründungskloster von Annecy sind noch heute zahlreiche Originaldokumente der beiden Heiligen archiviert. Im Laufe der vierhundert Jahre entwickelten sich viele weitere Ordensgemeinschaften und Institute, die zur salesianischen Familie gezählt werden: die Salesianer und Salesianerinnen Don Boscos, die Oblatinnen und Oblaten des hl. Franz von Sales, die Missionare des heiligen Franz von Sales, die Gemeinschaft des hl. Franz von Sales, die Töchter des hl. Franz von Sales von Lugo, das Säkularinstitut des hl. Franz von Sales und viele andere mehr. Die „Mutter“ all dieser Salesianerinnen und Salesianer ist jedoch die Schwesterngemeinschaft der Heimsuchung Mariens.

P. Herbert Winklehner OSFS

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