Vivat Jesus - Es lebe Jesus

Briefe vom Himmel:

Franz von Sales stellt sich vor

von Schw. Agnes-Leonie Schaub OSFS


1.  Meine Kindheit und Jugend

Liebe(r) InternetbesucherIn!

Da du dich für die Oblatinnen und Oblaten des heiligen Franz von Sales interessierst, nehme ich an, dass du auch mich kennen lernen möchtest.


Franz im Alter von 12 Jahren

Ich heiße Franz von Sales und wurde am 21. August 1567 auf Schloss Sales in der Nähe der Stadt Thorens in den Bergen Hochsavoyens geboren. Meine Mutter war bei meiner Geburt erst 14 Jahre alt. Du wirst dich darüber sehr wundern, aber für die damalige Zeit war das nicht so außergewöhnlich. Ich war eine Frühgeburt und musste deswegen notgetauft werden. Ich wuchs in einer sehr bewegten Zeit auf. Es gab viele Glaubensstreitigkeiten und die Bevölkerung war zum Teil sehr arm. Trotzdem erlebte ich eine sehr behütete und harmonische Kindheit.

Meine Familie war wohlhabend und im Herzogtum Savoyen sehr anerkannt. Meine Mutter brachte mir die ersten Gebete bei und ließ mich erfahren, dass Christen ganz besonders den Armen und Hungernden beistehen müssen. Vor allem im Winter kamen viele Arme auf das Schloss, um einen Teller heiße Suppe oder andere Almosen zu erbitten. Nie verließ jemand das elterliche Schloss mit leeren Händen. Mein Vater sagte immer wieder: „Man muss bei allem an Gott denken und daran, ein guter Mensch zu werden.“

Vor allem meine Mutter war sehr darum bemüht, mir eine gute religiöse Erziehung angedeihen zu lassen. Mein Vater erhoffte für mich eine standesgemäße Karriere im Herzogtum als Soldat oder Jurist.

Im Herbst 1573 begann für mich die Schulzeit. Die ersten Jahre verbrachte ich in der Schule von La Roche, dann wechselte ich in das Kolleg Chappuisien nach Annecy. Am 15. Dezember 1577 empfing dich die erste Heilige Kommunion und das Sakrament der Firmung. Ab diesem Tag hatte ich immer eine starke Sehnsucht nach dem Sakrament der Eucharistie und nach dem Empfang der täglichen Kommunion.

Ich wollte unbedingt Priester werden, obwohl mein Vater ganz andere Pläne mit mir hatte. 1578 kam ich zum Studium nach Paris. Als Unterkunft wählte ich das Kolleg Clermont der Jesuiten, weil mir sehr viel daran lag, meine Frömmigkeit zu bewahren und zu leben. Über meine Glaubenskrise werde ich dir im nächsten Brief erzählen.

Zum Abschied möchte ich dir ein Herzensgebet schenken. Vielleicht hilft es dir, in der Dankbarkeit und im Vertrauen zu wachsen:

  Es lebe Jesus, der mich ins Dasein gerufen hat.

Ich wünsche dir viel Vertrauen in die Liebe Gottes!

Dein Franz von Sales

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2.  Mein Studium und meine Krise

Liebe(r) InternetbesucherIn!

Du kannst dich bestimmt noch an mich und meinen ersten Brief erinnern. Falls du wissen möchtest, wie es mir während meiner Studentenzeit in Paris gegangen ist, dann lies bitte weiter!


Franz in der Krise

Die damalige Zeit war geprägt von der theologischen Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Calvinisten in Bezug auf das Leben nach dem Tod. Die Katholiken waren überzeugt, dass die guten Werke für den Christen wesentlich sind. Die Calvinisten hingegen hielten an der Überzeugung fest, dass schon bei der Geburt eines Menschen von Gott entschieden ist, ob er in den Himmel oder in die Hölle kommt. Diese Frage beschäftigte mich so sehr, dass ich körperlich krank wurde. Ich war unsicher und zerrissen und glaubte, dass Gott mich in die Hölle verdammt hat. Ich fühlte mich verloren, egal wie ich mein Leben gestaltete. Der Verzweiflung nahe schleppte ich mich in die Kapelle St-Etienne-des-Grès und betete dort vor der Statue der Schwarzen Madonna. Ich ließ mich völlig in die Hände Gottes fallen und plötzlich wurde mir klar: Gott ist die Liebe und alles wird immer gut sein, denn die Liebe will immer nur das Beste. Ich habe Gott als Gott der Liebe entdeckt, dem ich restlos vertrauen konnte. Das hat mir jeden Zweifel genommen.

Solltest du auch einmal Glaubenszweifel haben, dann gehe den Weg zu jenem Gott, den Jesus Christus geoffenbart hat: Gott ist die Liebe und die Liebe ist in Gott (vgl. 1 Joh 4,7-16).


Promotion

1588 wechselte ich von Paris an die Universität von Padua. Aus Gehorsam gegen meinen Vater studierte ich Rechtswissenschaften. Mein zweites Studium war Theologie, weil es mich brennend interessierte. Hier vollendete ich meine beiden Studien und promovierte 1591 zum Doktor im weltlichen und kirchlichen Recht.

Unter der geistlichen Begleitung des Jesuiten Antonio Possevino reifte in mir der Entschluss, in der Welt nicht nur ein christliches Leben zu führen, sondern Priester zu werden, auch wenn mein Vater für mich den Plan hatte, als Jurist im Senat von Chambéry Karriere zu machen. In dieser Zeit verfasste ich meine persönliche Lebensregel. Ich schrieb darin genau auf, wie ich meinen Tag verbringen will, damit jeder Tag ein Tag zur größeren Ehre Gottes werde.

  Es lebe Jesus, dessen Liebe ich vertraue.

Bis zum nächsten Mal!

Dein Franz von Sales

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3.  Meine Priesterweihe und Mission im Chablais

Liebe(r) InternetbesucherIn!

Wie geht es dir mit dem Vertrauen auf die Liebe Gottes? Ich weiß, dass es nicht leicht ist, in einer konkreten Situation wirklich mit ganzem Herzen zu vertrauen...

Heute möchte ich dir einen weiteren Abschnitt aus meinem Leben erzählen. Ich hatte schon in Padua den Entschluss gefasst, Priester zu werden. Da mein Vater für mich andere Pläne hatte, musste ich ihn zuerst einmal davon überzeugen. Das war gar nicht so leicht, denn er hatte sogar schon eine standesgemäße Ehefrau für mich ausgesucht. Ja, das war damals viel anders als heute! Du kannst dir vorstellen, wie mein Vater aus allen Wolken gefallen ist, als ich ihm meinen Entschluss mitteilte. Als mich aber der Bischof von Genf-Annecy zum Dompropst – das ist eine hohe Leitungsaufgabe der Diözese – ernannte, stimmte er schweren Herzens zu.


Franz als Missionar im Chablais

Dann ging alles ganz schnell. Nachdem ich innerhalb eines halben Jahres alle Stufen eines werdenden Priesters durchlaufen hatte, wurde ich am 18. Dezember 1593 in Annecy zum Priester geweiht. Ich war so glücklich! Endlich war mein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen. Meine Begeisterung war so groß, dass ich mich gleich einer großen Herausforderung stellte. Im Chablais, einem Teil der Diözese Genf-Annecy, war ein Teil der Bevölkerung zum Calvinismus übergetreten. Der Bischof wollte, dass die dort lebenden Menschen wieder zum katholischen Glauben zurückgeführt werden. Ich meldete mich freiwillig für diese durchaus lebensgefährliche Mission und setzte meine Kräfte voll und ganz für diese Menschen ein. Einige Male entrann ich nur knapp geplanten Mordanschlägen oder den Gefahren der Berge und des Winters. Am Anfang hatte ich Misserfolge, aber ich ließ mich nicht entmutigen. Nach vier Jahren konnte ich meinem Bischof berichten, dass fast alle Menschen im Chablais wieder katholisch geworden sind.

Um die Glaubenslehre unter den Menschen positiv zu verbreiten, verwendete ich als erster das Massenmedium meiner Zeit, nämlich die Druckerpresse. Als Missionar im Chablais stellte ich Flugblätter her, um jenen Menschen, die meine Predigten nicht besuchen durften, die Wahrheiten des Glaubens zu vermitteln. Deswegen wurde ich 1923 von Papst Pius XI. feierlich zum Patron der Journalisten und Schriftsteller erklärt. Dafür gab es natürlich auch andere Gründe: Ich schrieb Bücher und eine Unmenge von Briefen, um viele Menschen auf ihrem Weg zu begleiten und sie zu Gott zu führen. Heute würde ich natürlich das Internet verwenden und persönliche Mails schreiben.

Hast du schon einmal überlegt, wie du mit den Medien umgehst?

  Es lebe Jesus, sein Wort ist Wahrheit.

Ich wünsche dir viel Mut zur Wahrheit!

Dein Franz von Sales

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4.  Meine Bischofsweihe

Liebe(r) InternetbesucherIn!

Ich freue mich, dass du dich für meinen nächsten Lebensabschnitt interessierst, der etwas ganz Neues brachte.

1602 reiste ich im Auftrag meines Bischofs nach Paris, wo ich den Kreis um Madame Acarie kennen lernte. Um diese Frau hatte sich eine Gruppe gebildet, die versuchte, als Laien in der Welt ihr Christsein zu leben. Ich war begeistert. In meiner Zeit war man nämlich der Meinung, dass Heiligkeit nur etwas für Menschen im Kloster war. Später konnte ich in meinem Buch „Philothea“ schreiben, dass jeder Mensch dort, wo er lebt und arbeitet, als echter Christ leben und sogar heilig werden kann. Ich bemühte mich, die Leute davon zu überzeugen, dass es in jeder Situation möglich ist, in Verbindung mit Gott zu leben. Die „Philothea“ ist übrigens noch immer aktuell und im Buchhandel erhältlich.


Franz wird zum Bischof geweiht

Jesus hat seinen Jüngerinnen und Jüngern nichts vorgemacht: "Wer mein Jünger sein will, verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich, und folge mit nach" (Mt 16,24). Wer sein Leben als Christ leben will, der ist auch bereit, immer wieder über seinen eigenen Schatten zu springen. Das beginnt bei alltäglichen Kleinigkeiten: Der Friede ist wichtiger als der Streit, Gewalt und das Rechthaben, das Gebet wichtiger als das Fernsehen, der andere wichtiger als ich selbst, ... und es endet am Arbeitsplatz oder in der Schule, wo ich für meinen Glauben Zeugnis gebe, auch wenn es dafür nur Unverständnis oder ein müdes Lächeln gibt. Menschen, die täglich ihr Kreuz auf sich nehmen und Jesus nachfolgen, wissen jedoch, dass auf sie die Verheißung Jesu zutrifft: "Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben" (Joh 10,10). Leben in Fülle bedeutet, von Gott beschenkt zu werden.

Mein Bischof wollte, dass ich sein Koadjutor, das heißt, sein Stellvertreter mit dem Recht auf Nachfolge im Bischofsamt werde. Ich zögerte lange, bis ich mich zu dieser Aufgabe bereit erklärte.


Bischofswappen

Am 8. Dezember 1602 wurde ich in meiner Heimatkirche Thorens zum Bischof geweiht. Das war für mich eine ganz besondere Erfahrung. Ich spürte, dass Gott mich umwandelte, um mich neu den Menschen zu schenken. Ich erlebte noch stärker als bei der Priesterweihe, dass ab nun nicht mehr ich lebte, sondern Christus in mir. Ab diesem Augenblick war das Ziel meines Lebens, wirklich und ganz „allen alles zu werden“, wie der heilige Paulus im ersten Korintherbrief schreibt (1 Kor 9,22).

Mein Leitwort oder Wappenspruch lautete: „Es wird nicht untergehen.“ Ich war einfach überzeugt, dass Gott immer bei uns ist und dass wir keinen Grund haben, ängstlich oder pessimistisch zu sein.

  Es lebe Jesus, der mich jeden Tag begleitet.

Lass dich von Jesus anschauen und begleiten!

Dein Franz von Sales

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5.  Meine Begegnung mit Johanna Franziska von Chantal und die Philothea

Liebe(r) InternetbesucherIn!

Du hast sicher schon erlebt, wie gut es ist, wenn wir unseren Weg gemeinsam mit Menschen gehen dürfen, die Freud und Leid mit uns teilen. Besonders wohltuend ist es, wenn wir im Glauben nicht allein sind. Vielleicht hast du schon von meiner Freundschaft mit Johanna Franziska von Chantal gehört, die für uns beide Gnade und Geschenk war.


Franz begegnet Johanna Franziska von Chantal

Am 4. März 1604 kam es in der Kirche in Dijon zu unserer ersten Begegnung, aus der sich unsere einzigartige Freundschaft entwickelte. Wir durften einander helfen, den Weg zur Heiligkeit zu finden. Johanna Franziska war damals als Mutter von vier Kindern in einer schwierigen Lage. Ihr Ehemann Christoph war drei Jahre vorher bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen. Sie vertraute sich mir an und ich wurde ihr geistlicher Begleiter. Ich spürte, dass es Gott war, der uns einander geschenkt hatte. Er war es auch, der unsere Herzen in seiner Liebe vereinte und uns immer mehr an sich zog.

Wir schrieben uns viele Briefe. Leider sind jene, die Johanna Franziska an mich schrieb, von ihr selbst verbrannt worden. Wenn du jedoch meine Briefe an sie liest, wirst du feststellen, dass auch ich viel von dieser Frau lernte.

Anfang des Jahres 1609 erschien mein Buch „Anleitung zum frommen Leben“. Es wird auch „Philothea“ genannt. Eine Frau, deren geistlicher Begleiter ich sein durfte, hatte mich gebeten, ihr zu helfen, in ihrem Alltag ein vollkommenes christliches Leben zu führen.


Philothea

Ich schrieb ihr eine Reihe von Briefen, die sie wie einen Schatz hütete und eines Tages einem Jesuiten zu lesen gab. Dieser war begeistert und überredete mich, aus diesen Briefen ein Buch zu machen. Ich erfüllte diesen Wunsch und verwendete dafür auch zahlreiche andere Briefe, die ich geschrieben hatte, um den Menschen in ihrem Bemühen um ein christliches Leben beizustehen. In diesem Buch geht es um die Frage, wie ein Mensch in seiner konkreten Situation mit seinen Fähigkeiten und Schwächen als Christ bzw. als Christin leben kann. Wenn du lernen willst, deinen Glauben hier und heute und so wie du bist zu leben, dann lies dieses Buch. Es ist auch heute noch sehr aktuell.

Heute möchte ich dir ein paar Fragen zum Überlegen mitgeben:

  • Habe ich jemanden, mit dem ich über Fragen des Glaubens reden kann?
  • Wie versuche ich, meinen Glauben in meiner konkreten Situation zu leben?
  • Glaube ich daran, dass Gott bei mir ist, so wie die Luft, die ich atme?

  Es lebe Jesus, der heute mit mir geht.

Ich wünsche dir viel Mut und Freude in deinem Alltag!

Dein Franz von Sales

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6.  Meine Gründung der Heimsuchung

Liebe(r) InternetbesucherIn!

In meinem letzten Brief habe ich dir von Johanna Franziska von Chantal erzählt. Im Laufe unserer Freundschaft kamen wir zu dem Entschluss, eine Ordensgemeinschaft ins Leben zu rufen.


Gründung der Heimsuchung

Am 6. Juni 1610 begannen die ersten Frauen unter der Leitung von Johanna Franziska in Annecy, einer kleinen Stadt in Hochsavoyen, mit dem Leben als Schwestern der Heimsuchung Mariens. Die Schwestern sollten den Armen, Kranken und Bedürftigen beistehen, sie in ihren Wohnungen aufsuchen und ihre leibliche und seelische Not lindern helfen. Die Kraft für ihre schwere Aufgabe sollten die Schwestern aus einer innigen Gottverbundenheit schöpfen. Deswegen legten wir größten Wert auf ein tief innerliches kontemplatives Leben und sahen darin keineswegs ein Hindernis für äußere Werke der Liebe. Im Gegenteil, Gottesliebe sollte in Werken der Liebe zum Nächsten ausstrahlen. So wie Maria sich auf den Weg machte, um ihrer Verwandten Elisabeth in der Schwangerschaft beizustehen, so sollten sich auch die Schwestern aufmachen und den Menschen in Not helfen. Durch diese Hilfe entsteht wie bei Maria und Elisabeth das Magnifikat, das Lob Gottes: „Meine Seele preist die Größe des Herrn.“

Wir waren unserer Zeit jedoch weit voraus. Unsere Pläne wurden durchkreuzt. Als im Jahre 1615 in Lyon das zweite Heimsuchungskloster gegründet wurde, erhob der dortige Erzbischof Einspruch, weil die „neuen Schwestern“ sich auf den Straßen zeigten und in fremde Häuser gingen. Man kannte damals nur Nonnen, die in völliger Weltabgeschiedenheit hinter den Klostermauern lebten. Deshalb sahen wir uns gezwungen, unsere Kongregation in einen kontemplativen Orden mit päpstlicher Klausur und feierlichen Gelübden umzuwandeln. Allerdings sahen wir darin keine Schikane, sondern den Ausdruck des Willens Gottes, dem wir gerne folgen wollten. Als Johanna Franziska 1641 starb, gab es bereits 87 Klöster. Der Orden der Heimsuchung wirkt noch heute in vielen Ländern aller Erdteile.

Was die Kinder betrifft, lagen sie mir immer besonders am Herzen. Deswegen trug ich meinen Priestern auf, besonderes Augenmerk auf den Religionsunterricht für die Kinder zu legen. Ich selbst wollte „Kind sein mit den Kindern“ und ihnen zeigen, dass Gott für sie ein Herz hat. Die Kinder müssen das durch mich wohl sehr gespürt haben, weil sie in Scharen kamen. Auch du bist berufen, als Kind vor Gott zu leben. Wenn du dich seiner väterlichen Sorge überlässt, wirst du erfahren, wie sehr er sich um dich kümmert.

  Es lebe Jesus, der Mittelpunkt meines Lebens.

Ich wünsche dir, dass auch du deinen Mitmenschen viel Liebe und Freude schenken darfst!

Dein Franz von Sales

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7.  Mein Leben als Bischof

Liebe(r) InternetbesucherIn!

Vielleicht hast du dich schon gefragt, was ich wohl als Bischof den ganzen Tag gemacht habe. Damit du eine kleine Idee bekommst, werde ich dir ein wenig davon erzählen. Allerdings war auch das Leben eines Bischofs damals anders als heute.


Franz ist für die Menschen da

Seit meiner Bischofsweihe hatte ich das Ziel, „allen alles zu werden“. Das bedeutete natürlich eine Hingabe ohne Grenzen. Wenn Gott mir nicht seine Gnade und Kraft geschenkt hätte, wäre es mir unmöglich gewesen, die mehr als 300 Pfarreien meiner Diözese zu besuchen, ca. 3000 Predigten zu halten, 20.000 Briefe zu schreiben, mich um die Reform der Klöster und Pfarreien zu kümmern und noch dazu den Religionsunterricht sowie die theologische Ausbildung meiner Priesteramtskandidaten zu fördern. Seelsorge bedeutete für mich nicht nur, ständig in Kontakt mit dem Herzog und dem König zu sein, für den Frieden in der Kirche und im Land zu arbeiten und beim Klären von theologischen Streitfragen zu helfen. Besonders wichtig war für mich die Einzelseelsorge. Ich schrieb theologische Werke, um auch auf diesem Weg vielen Menschen auf ihrem Weg zu Gott zu helfen. In meinem letzten Brief habe ich dir schon von der Ordensgemeinschaft erzählt, die ich gemeinsam mit Johanna Franziska von Chantal gründete und die mir sehr am Herzen lag. Einmal half ich auch einem Gehörlosen, damit er die Erstkommunion und Firmung empfangen konnte, weshalb ich heute auch als Patron der Gehörlosen verehrt werde.

Es fehlte mir nie an Schwierigkeiten und es gab immer genug Hindernisse zu überwinden. Aber meine große Liebe zu Gott, für den ich lebte und arbeitete, brannte in mir wie ein Feuer und drängte mich, für das Heil der Seelen jede Mühe auf mich zu nehmen. Ich versuchte, alles ohne Unruhe, ohne ängstliche Besorgnis und ohne hitzigen Eifer zu tun. Jede Arbeit machte ich Schritt für Schritt und ließ mich darin nicht aus der Ruhe bringen. Ich rate auch dir, nicht hastig zu arbeiten und immer den inneren Frieden zu bewahren. In der überschnellen Zeit, in der du lebst, ist das nicht leicht. Wenn du dich aber bemühst, in der Gegenwart des liebenden Gottes zu leben und immer wieder auf Jesus zu schauen, dann wirst du mit der Zeit immer ruhiger und gelassener werden.

Ich verrate dir jetzt noch ein Geheimnis: Ich war mit einem angeborenen, jähzornigen Naturell auf die Welt gekommen. Jeden Tag habe ich mir neu vorgenommen: „Heute werde ich nicht in Zorn geraten.“ Mein ständiges Bemühen und mein Vertrauen in die Hilfe und Gnade Gottes haben aus mir einen sanftmütigen und herzlichen Menschen gemacht. Vor allem im Beichtstuhl wurde mir eine große Geduld mit den Schwächen, Fehlern und Sünden der Menschen geschenkt. Gott war sehr großzügig mit mir. Ist es nicht trostvoll und beruhigend, dass wir jeden Morgen neu beginnen dürfen? Wir müssen nicht aus eigener Kraft heilig werden und wir können es auch nicht. Gott ist es, der uns die Heiligkeit schenkt, zu der wir berufen sind. Wir müssen ihn nur in uns wirken lassen.

  Es lebe Jesus, der mir hilft, meine Schwächen zu tragen.

Ich wünsche dir den Mut, Jesus in dir leben und wirken zu lassen!

Dein Franz von Sales

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8.  Meine Abhandlung über die Gottesliebe

Liebe(r) InternetbesucherIn!

In deiner Zeit und Gesellschaft wird viel von Bildung geredet. Auch ich wusste, dass sie sehr wichtig ist. Deswegen gründete ich zusammen mit meinem besten Freund, dem Senatspräsidenten und Rechtsgelehrten Antoine Favre, die Académie Florimontane, in der die Fragen der modernen Wissenschaften nicht nur diskutiert, sondern auch in den Gesamtzusammenhang des christlichen Glaubens gestellt werden sollten.

Anfang des 17. Jahrhunderts hatte die Zeit des Humanismus begonnen, in der sich die Naturwissenschaften von der Theologie emanzipierten. Galileo Galilei ist das Musterbeispiel dafür. Wie du weißt, ist die Bibel kein Biologie- oder Physikbuch, sondern ein Buch des Glaubens, das die Wahrheit eben in ihrer Sprache beschreibt. In der Académie Florimontane wurde darüber nachgedacht, wie moderne Philosophie und neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Glauben und der Theologie vereinbar sind. Wissenschaft und Glaube sollen sich gegenseitig helfen, die Wahrheiten des Lebens und des Glaubens zu entdecken. Sie sollen sich nicht bekämpfen, sondern einander ergänzen. Bildung ist etwas Wichtiges, auch die Bildung des Glaubens. Sie ist ein lebenslanger Prozess, eine lebenslange Aufgabe. Wie geht es dir mit manchen biblischen Geschichten, die naturwissenschaftlichen Erkenntnissen nicht standhalten können? Versuchst du, dir darüber auf ehrlichem Weg Klarheit zu verschaffen?


Theotimus

Am 31. Juli 1616 erschien mein theologisches Meisterwerk, die „Abhandlung über die Gottesliebe“ oder „Theotimus“. In diesem Buch geht es um die Liebe, vor allem um die Liebe Gottes zu uns Menschen und die Liebe des Menschen zu Gott. Mit diesem Werk möchte ich aufzeigen, dass die Beziehung zwischen Mensch und Gott nichts anderes ist als eine innige Liebesbeziehung. Wenn du Liebe spürst, dann spürst du Gott. Wenn du vollendete Liebe spüren willst, dann musst du dich auf den Weg zu Gott machen. Dieser Weg kann steinig sein, wie der Kreuzweg nach Golgota, aber das Ziel des Weges ist ewige Liebe, ewige Vereinigung mit Gott, die alle Anstrengung und alles Leiden rechtfertigt. Jesus ist Mensch geworden, um uns diese unendliche Liebe mitzuteilen und die Liebe zum Hauptgebot zu machen. Gott will, dass wir diesen Weg der Liebe gehen, dass wir uns von seiner Liebe anziehen lassen und ihr liebevoll antworten, bis all unsere Liebessehnsucht in der Ewigkeit ihre Vollendung findet.

Noch ein Gedanke zum Abschluss meines Briefes: "Unser gütiger Jesus, der uns mit seinem kostbaren Blut erkauft hat, verlangt mit unendlicher Sehnsucht danach, dass wir ihn lieben und so ewig selig werden; und er verlangt danach, uns selig zu sehen, auf dass wir ihn ewig lieben. Zielt doch seine Liebe nach unserem Heil, unser Heil aber nach seiner Liebe."

  Es lebe Jesus, die Sehnsucht meines Herzens.

Ich wünsche dir eine große Sehnsucht, Gott zu lieben!

Dein Franz von Sales

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9.  Meine Kräfte lassen nach

Liebe(r) InternetbesucherIn!

Ich weiß nicht, wie deine Beziehung zur Kirche aussieht. Was mich betrifft, habe ich die Kirche immer geliebt und sie verteidigt. Die Kirche hat natürlich ihre Fehler und bedarf ständig der Erneuerung und der Umkehr. Da aber Christus selbst ihr Haupt ist, wird sie nie ihre Strahlkraft verlieren. Ohne sie wäre die Botschaft des Evangeliums in dieser Welt nicht zu verwirklichen.

1877 wurde ich von Papst Pius IX. feierlich zum Kirchenlehrer erhoben. Da es sich um eine besondere Ehre handelt, will ich lieber den Papst selbst zitieren: „Unter der Zahl der hervorragenden Männer erstand Franz von Sales, der Bischof von Genf, als Vorbild allbekannter Heiligkeit und als Lehrer der echten und frommen Wissenschaft. Er hat nicht nur durch das gesprochene Wort, sondern auch durch unvergängliche Schriften die Ungeheuer der aufsteigenden Irrtümer durchbohrt, den Glauben bekräftigt, die durch Laster verdorbenen Sitten gehoben und allen den Himmel offen gezeigt. Durch seine hervorragende Weisheit hat er das gleiche Lob verdient, von dem unser Vorgänger seligen Andenkens Bonifatius VIII. erklärte, dass es jene alten und vorzüglichen Lehrer der Kirche Gottes auszeichnete. Sie haben nämlich 'die Kirche durch heilsame Lehren erleuchtet, mit Tugenden geschmückt und durch den Lebenswandel geformt.’“


Franz von Sales

Vielleicht ist es für dich tröstlich zu wissen, dass in meinem Leben nicht alles gelungen ist. Viele meiner Ideen wurden erst nach meinem Tod verwirklicht, wie z. B. die Errichtung eines Priesterseminars. Meine Idee der "Laienspiritualität" oder "Weltfrömmigkeit" fand erst im Zweiten Vatikanischen Konzil des 20. Jahrhunderts allgemeine Anerkennung. Ähnlich erging es mir mit meiner Ordensgemeinschaft der Heimsuchung Mariens. Dieser Gedanke eines Klosters ohne strenge Klausur wurde erst später durch andere Ordensgemeinschaften verwirklicht. Um eine allgemeine kirchliche Anerkennung für meine Ordensgemeinschaft zu erhalten, musste ich einige Ideen zurücknehmen, z. B. dass die Schwestern nicht drei Gelübde, sondern nur das Gelübde der Liebe ablegen. Aber ich überließ mein ganzes Wirken der göttlichen Vorsehung und war überzeugt, dass in allem Gottes Wille geschieht und alles zu einem guten Ende geführt wird.

Gegen Ende meines Lebens war ich erfüllt von einer großen Sehnsucht nach Ruhe und Einsamkeit. Meine unzähligen täglichen Amtsgeschäfte zehrten an meinen Kräften und meine Gesundheit geriet immer mehr außer Kontrolle. Eine offene Beinwunde plagte mich über zehn Jahre lang, ich hatte Magenprobleme und litt an Bluthochdruck. Aber Schonung war nicht mein Fall. Ich hätte gerne in der Einsiedelei des hl. Germanus in den Bergen von Annecy meinen Lebensabend verbracht und Gott mit dem Rosenkranz und der Feder in der Hand in aller Stille und Einsamkeit gedient. Meine bischöfliche Tätigkeit erlaubte mir das jedoch nicht.

Ich entdeckte nicht erst am Ende meines Lebens, dass wir Zeiten der meditativen Stille brauchen, um mit neuen Kräften wieder ans Werk gehen zu können. Das Verweilen bei Gott im Gebet ist keine verlorene Zeit. Deswegen rate ich dir, jeden Tag ein paar Minuten der Ruhe zu finden, in denen du von Gott wieder mit Freude, Kraft und Trost erfüllt wirst. Das ist besonders dann notwendig, wenn dir die Alltagsarbeiten und Probleme über den Kopf wachsen.

  Es lebe Jesus, der mich einlädt, zur Ruhe zu kommen.

Ich wünsche dir genügend Oasen der Ruhe und Stille!

Dein Franz von Sales

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10.  Mein Tod und Vollendung

Liebe(r) InternetbesucherIn!

In meinem letzten Brief möchte ich dir von meinem Tod erzählen, jenem Augenblick, der mir das ewige Leben schenkte, nach dem ich mich immer gesehnt habe.

Ende des Jahres 1622 musste ich nach Frankreich reisen, weil König Ludwig XIII. mich bei einer Feier in Avignon dabei haben wollte. Ich wusste, dass ich von dieser Reise nicht mehr lebend zurückkommen werde.


Franz stirbt in Lyon

Auf der Rückreise von Avignon quartierte ich mich im Gartenhaus des Heimsuchungsklosters von Lyon ein, um dort die Weihnachtsfeiertage zu verbringen. Am 27. Dezember erlitt ich einen Schlaganfall und am 28. Dezember, dem Fest der Unschuldigen Kinder, nahm Gott mich endgültig zu sich. Der Tod war für mich nie etwas Schreckliches, sondern der Übergang in das neue Leben, die Vollendung meiner Sehnsucht nach Gott. In meinem Herzen wusste ich, dass hinter dem Tor des Todes auf mich der Hafen der Ewigkeit wartet, wo Gott mir die letzte und höchste Stufe der Liebe schenken wird. Mein Leichnam wurde im Januar 1623 nach Annecy überführt. Nach einem feierlichen Requiem, an dem ganz Annecy von mir Abschied nahm, wurde ich am 30. Januar 1623 in der Kirche des Heimsuchungsklosters beigesetzt.

1632 wurde im Zuge des Seligsprechungsprozesses mein Sarg geöffnet. Dabei wurde die Unversehrtheit meines Leichnams festgestellt. Am 28. Dezember 1661 wurde ich selig- und am 19. April 1665 heilig gesprochen. Am 19. Juli 1877 wurde ich zum Kirchenlehrer ernannt und am 26. Januar 1623 den Journalisten und Schriftstellern als Schutzpatron zur Seite gestellt. Ebenso bin ich der Schutzheilige der Städte Genf, Annecy und Chambéry, sowie der Patron der Gehörlosen und Taubstummen, weil ich einen Taubstummen als Diener bei mir aufgenommen und im Glauben unterwiesen hatte.

Zum Abschied schenke ich dir eine kurze Zusammenfassung meiner Spiritualität. Vielleicht ist sie auch für dich ein Weg, Gott näher zu kommen: Salesianisch leben heißt in der Gegenwart des liebenden Gottes leben bei allem, was ich tue, und das auf eine liebenswürdige, gewinnende, positive, herzliche Weise, so dass die Menschen, denen ich begegne, nicht den Eindruck bekommen, dieses Leben in der Gegenwart Gottes wäre mir eine Last oder mache mich krank und depressiv, sondern dass es ein Leben in Fülle bedeutet, und zwar heute genauso wie nach meinem Tod. Gott ist da und sorgt für uns. Seine Liebe ist ganz sicher - was sollen wir da noch mehr wollen. Um zu dieser Hingabe an den Willen des liebenden Gottes, der immer bei uns ist, zu gelangen, braucht es ein tägliches Bemühen und Unterwegssein. Das Ziel dürfen wir dabei nicht aus den Augen lassen: Gott in unserer Mitte, in unserem Herzen.

  Es lebe Jesus, der aus Liebe zu mir Mensch geworden ist.

Ich wünsche dir für immer ein unerschütterliches Vertrauen in die Liebe Gottes!

Dein Franz von Sales


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