Franz von Sales am PC

Franz von Sales und das Internet

Mutig die Schwelle überschreiten

Vor 400 Jahren hatte der hl. Franz von Sales (1567-1622) ein Problem. Der nördliche Teil seiner Diözese Genf-Annecy, das Chablais, wurde von den Calvinisten beherrscht. Als neugeweihter Priester bekam er nun 1594 von seinem Bischof den Auftrag, den dort lebenden Menschen die Wahrheiten des Glaubens zu verkünden und sie zur Rückkehr in die katholische Kirche zu bewegen.


1.  Erfolgreiche Medienkampagne

Franz von Sales begann seine Mission mit großem Elan, stieß allerdings sehr bald auf erbitterten Widerstand seitens der politischen Machthaber. Die Ratsherrn von Thonon, der Hauptstadt des Chablais, verboten allen Bewohnern unter Androhung einer Gefängnisstrafe, die Predigten des hl. Franz von Sales anzuhören. Die Folgen blieben nicht aus: Nur eine Handvoll ganz Wagemutiger missachtete das Verbot, alle anderen blieben fern. Was also tun?
Franz von Sales bediente sich eines damals ganz modernen Mittels: der von Johannes Gutenberg erfundenen Druckerpresse. Weil die Leute seine Predigten nicht hören durften, sollten sie diese wenigstens lesen können. Er ließ also seine Predigten in Serie auf Flugblättern drucken, verteilte diese von Haus zu Haus und schlug sie an öffentlichen Plätzen an. Franz von Sales hatte damit so großen Erfolg, dass die Menschen nicht nur sehnsüchtig auf die nächste Ausgabe zu warten begannen, sondern sich auch immer mehr über das Verbot hinwegsetzten, weil sie die Predigten im Originalton hören wollten. Nicht einmal drei Jahre später konnte Franz von Sales dem Papst berichten, dass der weitaus größte Teil der Bevölkerung des Chablais zum katholischen Glauben zurückgekehrt sei.
Die erste serienmäßig durchgeführte Medienkampagne in der Geschichte der katholischen Kirche zur Verbreitung des Glaubens hatte also durchschlagenden Erfolg. Diese Flugblattaktion war einer der Gründe, warum Franz von Sales 1923 feierlich zum Patron der Journalisten und Schriftsteller erklärt wurde.

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2.  Welt des Cyberspace

Am Gedenktag des Journalistenpatrons Franz von Sales, dem 24. Januar 2002, verfasste Papst Johannes Paul II. sein diesjähriges Wort zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel. Darin macht er auf die rasante Entwicklung im Bereich der Kommunikationstechnik aufmerksam und meint damit vor allem das Internet. Wörtlich schreibt er: „Vor allem durch seine Fähigkeit zu informieren und Interesse zu wecken, ermöglicht das Internet eine erste Begegnung mit der christlichen Botschaft insbesondere bei jungen Menschen, die sich mehr und mehr der Welt des Cyberspace wie einem Fenster der Welt nähern. Daher muss die christliche Gemeinschaft nach praktischen Wegen suchen, um jenen zu helfen, die nach der ersten Kontaktaufnahme durch das Internet von der virtuellen Welt des Cyberspace zur wirklichen Welt der christlichen Gemeinschaft geführt werden sollen.“
Am Schluss seiner Botschaft meint der Papst: „Anlässlich dieses Welttages der sozialen Kommunikationsmittel wage ich es daher, die gesamte Kirche aufzufordern, mutig diese neue Schwelle zu überschreiten, in die Tiefen des Kommunikationsnetzes vorzudringen, damit jetzt wie bereits in der Vergangenheit die große Aufgabe der Evangelisierung und die mit ihr verbundene Kultur den göttlichen Glanz auf dem Antlitz Christi für die Welt sichtbar machen kann.“

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3.  Faszination und Missbrauch

Was „in der Vergangenheit“ der hl. Franz von Sales mit dem Flugblatt machte, sollten also wir Christen heute mit dem Internet versuchen: den Menschen der virtuellen Welt des Cyberspace die Wahrheiten des Glaubens verkünden und vor allem den jungen Menschen den Glanz des Antlitzes Christi sichtbar machen.
Wer bereits mit dem Internet zu tun hat, weiß, wie faszinierend dieses neue Medium ist. Ich brauche schnell eine Information ... im Internet finde ich sie. Ich möchte schnell meinem Mitbruder auf der anderen Seite des Globus eine Botschaft übermitteln. Simsalabim, ein E-Mail geschrieben und schon kann sie mein Mitbruder lesen. Toll, wirklich sensationell.
Wie jedes technische Wunderwerk hat aber auch das Internet seine großen Gefahren, kann also missbraucht werden. Pornografie, Gewaltverherrlichung, Anleitungen zum Bombenbasteln ... diese Missbrauchsmöglichkeiten sind grenzenlos. Daher auch der Aufruf des Papstes, diese ethikneutrale Plattform nicht dem Missbrauch zu überlassen, sondern sie mit den christlichen Grundsätzen der Menschenwürde zu füllen.

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4.  Die Chancen nützen

Der hl. Franz von Sales ließ sich nicht davon abschrecken, das Flugblatt zu nutzen, obwohl andere dieses Medium bereits zu kirchen-, glaubens- und menschenfeindlichen Pamphleten missbraucht hatten. Gerade weil er sein neues Medium nicht missbrauchte, sondern mit Wahrheitsliebe, Personenwürde, Sprachstil, Objektivität, Genauigkeit und Leserorientierung nutzte, ohne der Mode des reißerischen Pamphletentums zu folgen, hatte er so großen Erfolg.
Heute würde Franz von Sales mit Sicherheit das Internet in ähnlicher Weise verwenden und es ungeachtet der Missbrauchsproblematik zur Glaubensverbreitung nutzen. Als Patron der Massenmedien wird er deshalb all jenen zur Seite stehen, die der Aufforderung Papst Johannes Pauls II. folgen und beginnen, „mutig diese neue Schwelle zu überschreiten“.

Herbert Winklehner OSFS


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