Salesianische Zweimonatsschrift "Licht"
Ausgabe März/April 2003

Die Liebe vollbrachte das alles
Wie Gott Erlösung buchstabiert

Lehrer der Liebe hat man Franz von Sales zu Recht genannt, denn all seine Theologie konzentriert sich auf einen Gott, der Liebe ist. In diesem Sinn betrachtet er auch das Rätsel, dass unsere Erlösung durch den Kreuzestod Jesu geschah. Eine Hinführung von Schwester Agnes-Theresia Furian OSFS.

Jesu Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung: All das vollbrachte die Liebe.
Franz von Sales
(vgl. DASal 4,162)

„Also hat Gott die Welt geliebt, dass er den einzigen Sohn ihr gibt …“ ein bekanntes Weihnachtslied beginnt mit diesen Worten.


Erlösung aus Liebe
Und ich denke, eine Betrachtung über die Liebe Gottes als Grund für unsere Erlösung durch Jesu Leid, Kreuz und Auferstehung sollte doch auch einen Blick werfen auf den Beginn des irdischen Lebens des Herrn, auf seine Menschwerdung – denn diese hat ja ebenfalls keinen anderen Grund als Gottes unendliche Liebe zu uns Menschen.
Und so geschieht Erlösung, nur so – denn: Nur die Liebe tut solche Dinge – wie Romano Guardini es ausdrückt.
In seiner Erzählung „Das Hirtengespräch“ lässt Manfred Hausmann den alten Hirten, auf dem Weg nach Betlehem sagen: „Ich kenne Gottes Ratschluss nicht, und du kennst ihn auch nicht, und kein Mensch kennt ihn, aber wenn ich es vermöchte, ich würde die Menschen erretten aus ihrem Fall und die übrige Schöpfung mit ihnen. Warum sollte Gott, dessen Wissen um den Menschen, dessen Erbarmen und Liebe eine Unendlichkeit größer ist als meine, es nicht auch wollen?“
Ja, Gott wollte und Gott will die Erlösung – meine Erlösung, die aller Menschen, aller Zeiten und der ganzen Schöpfung. Aber warum wollte, warum will Gott Erlösung so?
Warum gerade durch das Leiden und Sterben seines geliebten Sohnes, der sein Ebenbild ist, das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung, in dem alles geschaffen wurde, im Himmel und auf der Erde, der vor aller Schöpfung ist und in dem alles Bestand hat? (vgl. Kol 1,15ff)
Wir wissen es nicht und es steht uns wohl auch nicht zu, ergründen zu wollen, wie Gott es sonst hätte tun können. Alle unsere menschlichen Spekulationen gehen letztlich ins Leere.
Wir haben uns an sein Wort zu halten, das uns sagt, wie er es getan hat – in einer Weise nämlich, die göttlich groß, göttlich gut und göttlich umfassend ist und von der wir ja auch zutiefst ahnen, es hätte eigentlich gar nicht anders geschehen können: in der Weise der Liebe.

Das JA der Hingabe
Gottes Antwort auf unser, der Menschen, NEIN ist das bedingungslose, das göttlich konsequente JA seiner Liebe, dieser Liebe, die alles gibt – auch den Sohn –, um uns herauszuholen aus dem Nein der Gottferne, um uns auszulösen, zu erlösen von Schuld und Sünde – um den Schuldschein ein für allemal am Kreuz zu tilgen.
Hat also Gott das Leiden, das Sterben seines Sohnes gefordert als Sühne für die Schuld der Welt?
Was ist das für ein Vater, was ist das für ein Gott ? – Diese Frage drängte sich zu allen Zeiten den Menschen auf – und es ist von großer Bedeutung für ein Leben aus dem Glauben, hier die Antwort zu finden, die trägt, die Antwort, die Franz von Sales uns zeigt: Gott ist nicht grausam, Gott ist nicht ein egoistischer Sadist. Denn: Die Liebe vollbrachte das alles.
Da ist Gott, der Jesus in das Leiden „gibt“, und da ist Jesus, der das Leidensgeschick „annimmt“, der in den Berichten der Evangelien immer wieder als der „Hingegebene“ dargestellt wird.
In Jesus gibt sich Gott selber ins Leiden, er riskiert sich, er gibt sich völlig weg, so sehr, dass er gleichzeitig der Weggegebene und der Hingegebene ist wie Anton Rotzetter in seinem Buch „Am Morgen einer neuen Zeit“ ausführt, wenn er schreibt: „Ich muss gestehen, dass für mich von diesem revolutionären Umdenken des Gottesgedankens eine große Faszination ausgeht:
Gott – der sich mitleidend und liebend Hingebende, Gott in Jesus – der hingegebene Leidende und Liebende, Gott heiliger Geist – die allen gegebene Gabe.
Das Leiden wäre auf diese Weise bleibend in das Geheimnis Gottes aufgenommen, ein Ausdruck seiner bedingungslosen und voraussetzungslosen Liebe.“

Alles aus Liebe
Ja, die Liebe vollbrachte das alles. Franz von Sales zeigt Theotimus und uns Jesus vor Pilatus: „Die Waffenknechte und Schergen rissen ihm alle seine Kleider, eines nach dem andern vom Leibe – wegen seiner Liebe; nicht zufrieden damit, zerrissen sie ihm auch noch durch Rutenschläge und Peitschenhiebe die Haut.“
Und wegen seiner Liebe stirbt er den qualvollen, den schmachvollen Tod am Kreuz.
„Nachdem jedoch drei Tage vergangen waren, bekleidete sich seine Seele durch die Auferstehung mit ihrem verklärten Leib, der Leib mit einer unsterblichen Haut und hüllte sich in die verschiedensten Gewänder, in die eines Pilgers, eines Gärtners oder anderer, je nachdem es das Heil der Menschen und die Verherrlichung seines Vaters erforderte. Die Liebe vollbrachte das alles, Theotimus.“ (DASal 4,162)
O Jesus, mein Erlöser, wie liebenswert ist dein Tod, weil er die erhabene Wirkung deiner Liebe ist. Wir haben eingangs gesagt: Gott will die Erlösung, weil er die Menschen liebt.
Was ist Erlösung, Erlösthaben, Erlöstsein? Auf diese Frage gibt es wohl nur diese Antwort: Jesus, der auferstandene Herr!

Schwester Agnes-Theresia Furian ist Oblatin des hl. Franz von Sales und lebt in Linz/Donau, Oberösterreich.

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