Salesianische Zweimonatsschrift
"Licht" Januar / Februar 2011 |
Wirklich glücklich kann ich als Vertrauender werden, dem die Liebe Gottes genügt. Was auf den ersten Blick verrückt scheint, erweist sich auf den zweiten als Geheimnis eines gelungenen Lebens. Ein salesianisches Abenteuer – vorgestellt und erlebt von P. Josef Költringer OSFS Eigentlich war ich mein ganzes Leben immer wieder auf Erlebnisse aus, die den Adrenalinspiegel in die Höhe stemmten und mich aus dem Einerlei des Alltags heraushoben. Gewagte Berg- und Skitouren, Paragleiten, auf einem Rennplatz ein paar Runden drehen, aufregende Reisen … Spannende Momente, die nicht unbedingt notwendig für ein sinnerfülltes Leben sind, aber doch Würze in den Alltag streuen. Doch nun meine ich, vor einiger Zeit bei Franz von Sales ein Abenteuer entdeckt zu haben, das mehr an Glückshormonen auszuschütten vermag als alles andere, das fast eine narkotische Wirkung besitzt und trotzdem von den meisten Menschen nicht genützt wird: mein jetziges Leben und meine fünfzigjährige Geschichte als erfüllt und schön zu betrachten. Auch wenn ich oft nicht an dem Ort war, von dem ich träumte; nicht mit den Menschen zu tun hatte, die ich mir an meiner Seite gewünscht hätte, nicht die Arbeit vollbrachte, bei der ich meinte, mich am besten entfalten zu können, immer noch nicht all jenes besitze, das ich anderen neide … Alles ist gut, wie es ist Es war und ist, wie es ist, und es ist gut so. Ich bin getragen und Teil eines größeren Planes und einer langen Menschheitsgeschichte, die ich zwar nicht wirklich verstehe, aber eben doch kostbar und gut ist. Ich brauche mich nicht ängstlich zu sorgen und verzagt zu bemühen, denn alles ist gut. Leider vergesse ich dies immer wieder, und dann falle ich zurück in meine alte, verkrampfte und sinnlose Suche nach Befriedigung und Glück. Geborgen in liebenden Händen Die Verrücktheit eines Vertrauenden und Liebenden, dem die Liebe (Gottes) irgendwie genug ist. Er kann es sich leisten, ganz ehrlich und offen zu sein. Er genießt es gar, sich fallen und gehen zu lassen. Dadurch wird er zwar verletzlich, aber er braucht nicht immer den Starken zu spielen, weil er sich in liebenden Händen geborgen fühlt und weil er weiß, dass dieses göttliche Wasser ihn trägt. Natürlich schämt er sich nicht ob seiner Fehler und Schwächen, die so ganz menschlich sind. Da er auf Gott vertraut, lebt er aus der Gewissheit, dass er – so wie die gesamte Schöpfung – geliebt ist. Deshalb kann er auch leichten Herzens lieb gewordenen Menschen vertrauensvoll die Freiheit geben. Es macht ihn glücklich, wenn er von sich absehen und für andere da sein kann. Auch lebt er ohne Furcht vor der Zukunft, denn er weiß, es kommt, wie es kommt, und es ist gut. Er lebt sein Leben mit einer fröhlichen Leichtigkeit, wissend, dass Gott im Himmel auf einem Stuhl sitzt, lächelnd, ganz entspannt und zufrieden. Die Welt ist schön und gut. Oder anders gesagt: sie wird schön und gut, wenn man vertraut und liebt. Kein einfacher Weg Freilich, das ist nicht einfach. Ich finde es oft schwer zu vertrauen, weil ich selbst zu oft verwundet wurde. Wenn ich von klein auf sehr geliebt worden wäre und großes Vertrauen erfahren hätte, nie verletzt und enttäuscht worden wäre, dann würde es mir leichter fallen, zu vertrauen. Wenn ich nie Tränen der Scham und der Reue vergossen hätte, würde ich wahrscheinlich gerne glauben, dass alles in Ordnung ist, dass das Leben schön ist und ich gut bin. Aber ich lernte von Kindesjahren an, mich zu verteidigen und mir Sorgen zu machen, wie mich die anderen sehen oder ob sie schlecht über mich reden. Bis heute bin ich mir oft nicht sicher, ob ich verstanden werde und ob ich der Liebe und Zuwendung anderer überhaupt wert bin. Deshalb will ich keine Schwäche zeigen; ich will vielmehr attraktiv sein, talentiert, intelligent, verantwortlich, geschätzt, verehrt und obendrein noch ein wenig cool. Die wahren Werte Aus diesem tödlichen Kreislauf komme ich nur heraus, wenn ich begreife, dass alles gut ist. Ich darf vertrauensvoll Schwäche und Offenheit zeigen, ohne dass mir etwas von meinem Wert genommen wird. Ich brauche mich nicht ängstlich an mein Haus, meine Titel und Bücher, mein Aussehen, mein Auto, … und mein Leben zu klammern, da ich auch ohne all diese Werte Leben haben werde. Aber das ist ganz schwer. Und so falle ich immer wieder zurück in das „ich“ und „du“, in das „mein“ und „dein“, in den Vergleich, in ein Besitzdenken, in unsinnige Hahnenkämpfe und in viele Sorgen. P. Josef Költringer ist Oblate des hl. Franz von Sales. Er ist Hausoberer, Ausbildungsleiter und Ökonom im Salesianum Rosental in Eichstätt, Bayern. |