Salesianische Zweimonatsschrift
"Licht" März / April |
Ein Ziel, das in Bewegung setzt Christliches Leben ist immer ein Auf-dem-Weg-sein zu unserem Ziel, das Gott ist. Franz von Sales drückt das durch seine Überzeugung aus, dass wir für Gott geschaffen sind. Impulse von P. Thomas Mühlberger OSFS Haben Sie schon einmal einen Brief an sich selbst geschrieben? Zugeklebt, frankiert, einer anderen Person überreicht, damit diese ihn einige Zeit später an Sie schickt? Nein, das ist kein Witz, sondern gehört zum klassischen Repertoire von Coachs, Moderatoren und Exerzitienbegleiterinnen. Es ist eine Methode, um in meinem Alltag – eben dann, wenn der Brief bei mir eintrifft – nochmals nachzudenken und nachzuspüren, was von einem vorangegangenen Reflexions- oder Visionsprozess übrig geblieben ist, inwieweit die einst beschlossenen Ziele im Blick sind oder schon (wieder) aus den Augen verloren wurden. Auf die eine Karte setzen Mit diesem Artikel wird es mir ganz ähnlich ergehen: Ich schreibe ihn noch ganz beeindruckt vom heutigen Hochfest der „Erscheinung des Herrn“. Wenn Sie und ich ihn im LICHT (wieder) entdecken, befinden wir uns bereits mitten in der Fastenzeit. Und mitten im Thema: „Mit meinen Zielen leben“. Schauen wir doch gemeinsam die paar Wochen bis zum Festtag der drei Sterndeuter zurück, um über deren Beispiel an Zielstrebigkeit nachzudenken, und spüren wir mit dem hl. Franz von Sales unserem eigenen Ziel nach! Laut biblischem Bericht machten sich die Weisen auf, um den verheißenen Messias zu sehen und ihm zu huldigen. Wohin diese Reise genau führen würde, das wussten sie nicht. Doch irgendetwas ließ sie felsenfest ihrem Himmelszeichen vertrauen. Sie scheuten weder Kosten noch Mühen und machten auch kein Hehl aus ihrer Vision, sondern fragten sich durch und erzählten, woran sie glaubten, wen sie suchten und wem sie dienen wollten. Voll Dankbarkeit denke ich dabei an Menschen von heute, die erwartungsfroh ihre Suche, ihren Glauben leben, die vieles oder alles auf diese eine Karte setzen, die nicht an den Menschen vorbei suchen, sondern sie mit einbeziehen, die sogar Verständnis für das Unverständnis jener haben, die den „Stern“ nicht sehen oder ihm keine Bedeutung beimessen, die aber durch ihr Beispiel dazu einladen, dem Heiland unsere Gaben und Begabungen darzubringen. Solche Menschen mag der hl. Franz von Sales vor Augen gehabt haben, als er in seiner Philothea über „Unser Ziel“ schreibt: „Gott hat dich geschaffen, einzig um an dir durch das Geschenk seiner Gnade und seines Reichtums seine Güte zu betätigen. Deshalb gab er dir den Verstand, ihn zu erkennen; das Gedächtnis, dich seiner zu erinnern; den Willen, ihn zu lieben; die Phantasie, seine Wohltaten dir vorzustellen; die Augen, seine wunderbaren Werke zu sehen; die Zunge, ihn zu preisen; deshalb gab er dir auch all die anderen Fähigkeiten.“ (DASal 1,47) Das eine und die vielen Ziele Caspar, Melchior und Balthasar, wie sie der Volksmund nennt, erreichten
Betlehem. Waren sie damit am Ziel angelangt? Am Ziel ja, aber nicht am
Ende! Das Evangelium berichtet, dass sie wieder aufbrachen! Ehrlich und gelassen Daher empfiehlt der hl. Franz von Sales, den Fortschritt der Seele zu überprüfen. Zunächst geht es darum, jene Ziele zu überprüfen, die ich unterwegs – in meinem Verhalten gegenüber Gott, mir selbst und dem Nächsten – erreicht oder verfehlt habe. Dabei soll neben der Ernsthaftigkeit jedoch ebenso die Gelassenheit walten: „Wir müssen wohl immer in den Herzpunkt der Vollkommenheit zielen, dürfen aber nicht erstaunt sein, wenn wir nicht treffen, wie wir möchten.“ „Aber das ist sicher, hinzielen müssen wir aufs Schwarze.“ (DASal 2,339 und 69) Diese innere Herzensgesinnung soll sich durchaus in der äußeren Haltung ausdrücken, die Franz von Sales für unsere Gewissenserforschung (heute würden wir dazu vielleicht eher „Meilensteinanalyse“ sagen) empfiehlt: nicht ständig knien, sondern sich ein wenig die Beine vertreten oder entspannt hinlegen! Franz von Sales schreibt: „Beteure, dass du deinen Fortschritt nicht erkennen willst, um dich deinetwegen zu freuen, sondern Gottes wegen; nicht um dich selbst, sondern um Gott zu preisen und ihm zu danken. Beteure, dass du in keiner Weise der Mutlosigkeit oder Verzagtheit Raum geben willst, falls du in dir keinen Fortschritt, sondern im Gegenteil einen Rückgang feststellen solltest; du wollest deshalb nicht niedergeschlagen sein, sondern mutiger, dich noch mehr ermuntern, dich demütigen und mit Gottes Gnade daran arbeiten, deine Fehler zu überwinden.“ (DASal 1,248) Das wäre der Königsweg: über unsere Ziele zum eigentlichen Lebensziel, zu Gott! So beschließt der hl. Franz von Sales seine Betrachtung über unser Ziel: „Danke Gott, der dich für dieses erhabene Ziel erschaffen hat: Herr, für Dich hast Du mich erschaffen, damit ich mich ewig Deiner unendlichen Herrlichkeit erfreue.“ (DASal 1,48) Impuls: Verfassen Sie z. B. in der Karwoche einen Brief an sich selbst! Schreiben
Sie, was Sie im Augenblick bewegt. Bewahren Sie den verschlossenen Briefumschlag
bis Pfingsten auf. P. Thomas Mühlberger ist Oblate des hl. Franz von Sales.
Er lebt in Fockenfeld , Bayern und ist dort in der Hausökonomie,
Schule und im Internat tätig. |