Zum Mittwoch der 4. Fastenwoche

(Entwurf) Chambéry, 2. April 1612 (OEA VIII,59-95; DASal 9,151-154)

Ijob (26,13) antwortet dem Schuachiten Bildad auf die Frage nach der Allmacht und Vorsehung Gottes; er lobt unter anderem Gott vor allem, weil sein Geist den Himmel geschmückt hat und aus seiner Schöpferhand die Ringelnatter hervorging. Davon gibt es drei sehr bekannte Auslegungen.

Die erste: Gott sorgt nicht nur für das Große, wie die Zierden des Himmels, d. h. die Ordnung der Sphären, der verschiedenen Bahnen und Bewegungen, der Anordnung der Sterne und der Planeten usw. Er ist vielmehr auch um das Geringste besorgt, wie die Entstehung der Schlange und Natter, das niedrigste und im Wert geringste aller Lebewesen, die von selbst und nicht zufällig entstehen. Er schmückt in der Tat den Himmel durch seinen Geist, da er einmal gesprochen hat, und die Welt wurde für immer geschaffen und es gibt in ihr weder Änderung noch Wechsel der Entstehung und Hervorbringung.

Habt ihr nie gesehen, wie die Glasbläser die Gläser machen? Sie nehmen die Masse mit dem Ende eines hohlen Stabes auf, dann blasen sie hinein und das Glas entsteht, so daß es seine Form nicht mehr ändert. Daher wird (Offb 4,6) der Himmel gläsernes Meer genannt; deutlicher 21,18: Die Stadt selbst ist reines Gold und gleich reinem Glas. 21,21: Der Platz der Stadt ist reines Gold, durchscheinend wie Glas.

Der Himmel wurde durch das bloße Wort Gottes geschaffen (Ps 33,6.9). Auf Anregung des Geistes hat er aus nichts den Himmel geschmückt; er hauchte, und die Sonne entstand, der Mond, die Sterne Orion und Merkur, etc. Er legte die Tierkreise wie einen Gürtel um ihn, etc. Doch für die irdischen Dinge gebraucht er gleichsam die Hände, weil er alles allmählich, in der Abfolge von Werden, Vergehen und Wachsen macht, wie die Hebamme das Kind umsichtig entbindet, wäscht, stillt und wickelt, etc. Die Hand der Vorsehung ist also die Hebamme der ganzen Welt.

Wunderbar ist die Vorsehung für die Schlangen. Mit Fenchel reinigen sie die Augen, sie streifen die Haut ab und erneuern ihre Jugend, und wie die meisten glauben, heilen sie Wunden mit wildem Thymian. Und für uns sollte nicht sorgen, der für die Schlangen sorgt? Die Schlange frißt Staub und entbehrt nicht der Nahrung; das Herz des Menschen nährt sich vom Himmel; sollte der Himmel ihm fehlen? Die Schlange verliert das Gift, wenn sie trinkt; sollte der Mensch nicht das Gift der Leidenschaften verlieren, wenn er mit Himmlischem erquickt wird? Wie sollte Gott, der die treulose Schlange nicht im Stich läßt, den Menschen im Stich lassen, der ihm treu folgt? Das gestrige Evangelium von der Vorsehung Gottes (Joh 6,1-12).

Die zweite Bedeutung ist isagogisch nach der Version der Septuaginta bei Sa: Auf seinen Befehl wurde der abtrünnige Drache getötet. Hervorgebracht, nämlich aus der Welt oder aus nichts. Gewunden, verschlagen, hebräisch flüchtig. Nach dieser Version muß die Stelle folgendermaßen ausgelegt werden. 1. Der Geist des Herrn schmückte den Himmel mit den Chören der Engel. Da aber einer, d. h. der alte Drache, und durch ihn mehrere sich auflehnten, führte, warf und verbannte er sie durch seinen Befehl aus dem Himmel (Offb 12,9). Nach unserer Version aber warf seine starke Hand die bösen Geister wie Ungeheuer hinaus. Als er das himmlische Jerusalem von diesen Ungeheuern schwanger und gleichsam in Geburtswehen sah, entband er als Hebamme mit seiner Hand dieses Ungeheuer. Denn hier findet sich eine Anspielung auf die Geburt, nicht wegen der Leibesfrucht, sondern wegen der Schmerzen. Es ist, als hieße es: Er schmückte den Himmel mit Engeln, da aber unter ihnen einige abtrünnig wurden, entstanden dort Geburtswehen (Ps 48,7). Daher wird die Verstoßung der bösen Geister dem Hervorgehen bei der Geburt verglichen.

Oder einfacher: er ging aus dem Nichts hervor. Er schmückte den Himmel mit Engeln, und durch seine Hand ist sogar der böse Geist aus dem Nichts hervorgegangen; das ist eine emphatische Wiederholung. Auch der böse Geist ist sein Geschöpf und wurde zur Zierde erschaffen wie die anderen, obwohl er durch seine Bosheit verdarb. Der Schwerpunkt liegt auf dem Wort „entbinden“, als ob er sagte: Sorgsam und aufmerksam schuf er ihn und schuf ihn gerade, nicht verdreht, wenn er auch jetzt verdreht und verschlagen ist.

Von dieser Bedeutung kann man einen trefflichen Vergleich zwischen dem Himmel und dem Tempel ableiten, denn der Tempel ist ein Abbild des Himmels. Daher haben die Vorfahren die Kirchen mit Bildern der Heiligen geschmückt, wie Gott den Tempel mit den Kerubim (Ex 25,18), damit die Bilder der Heiligen ein Gleichnis des Himmels seien. In der Kirche wie im Himmel ist der Hof Gottes; und beide sind ein Ort des Gebetes, wie die Geheime Offenbarung (5,8- 14; 8,3) bezeugt; nach ihr sind die Wohlgerüche die Gebete der Heiligen, und die 24 Wesen mit goldenen Harfen beten an. Daher hat Gott aus beiden die Käufer und Verkäufer (Mt 21,12) hinausgeworfen. Der böse Geist wollte die Unabhängigkeit kaufen und stehlen und sich als König des Hochmuts über die anderen erheben; daher der Ausdruck Räuberhöhle. Denn sie waren Räuber, wie meist die Käufer und Verkäufer, wenn sie nicht große Sorgfalt für ihr Herz haben und furchtsam sind. Satan treibt Handel, um Gott die Autorität, den anderen den Gehorsam zu stehlen. Er setzte sich in den Sinn, über die Geschöpfe zu herrschen, die Schafe, Rinder und Tauben (Joh 2,14): die Schafe, d. h. die untergebenen Gläubigen; die Rinder, d. h. die mit Mühen beladenen Prälaten; die Tauben, d. h. die Ordensleute, die durch Kontemplation fliehen; aber auch über die niederen und höheren Ränge der Engel, sogar über die Serafim. Gott aber warf alle hinaus, die er dem Aufruhr verfallen sah. Im Teufel fand er die Habsucht, durch die er König des Himmels sein wollte, und er warf ihn hinaus.

Er machte eine Geißel aus Stricken (Joh 2,15). Wegen der Vorzüglichkeit seiner Natur wurde Luzifer überheblich, und durch diesen Vorzug wird er am meisten gequält. Warum ist er unverbesserlich in seiner Bosheit? Weil er von erhabenster Natur ist. Warum wird er am meisten gequält? Weil er den fähigsten Verstand hat und seinen großen Fall am klarsten erkennt. Dem Knaben macht es wenig Kummer, wenn ihn der Vater enterbt; wenn er aber allmählich heranwächst, berührt ihn der Schmerz darüber um so mehr, je schärfer sein Verstand wird. Je größer der Wunsch zu herrschen ist, um so schmerzlicher ist das Dienen. Satan wurde von höchstem Ehrgeiz getrieben, den Gott ihm beließ, und gerade von diesem Ehrgeiz wird er wie mit einer Geißel gezüchtigt. Denn bleibt der Ehrgeiz, so wächst ihr Hochmut ständig (Ps 74,23), und je höher sie aus Ehrgeiz steigen wollen, um so tiefer fallen sie durch die Erniedrigung.

Am besten gefällt mir die Lehre Epiktets. Wie können wir den Ehrgeizigen bestrafen? Er soll noch ehrgeiziger werden. Verdient der Habsüchtige Strafe? Geh, werde zur Strafe noch habsüchtiger, werde noch ausschweifender, so daß du die Ruhe verlierst, etc. Die Sünder werden ja mit ihren eigenen Sünden bestraft. Seht die Väter und Mütter; sie sündigen, wenn sie darüber lachen, daß sie die Kinder schlechten Reden, den Anfängen der schlimmsten Eitelkeit verfallen sehen. Gott wird daraus eine Geißel machen, und diese Kinder werden ihren Eltern größten Schmerz bereiten etc. „Niemand wird verletzt, außer durch sich selbst“ (Joh. Chrys.). Die Armut schadet weder Ijob noch dem hl. Franziskus; auch dir schadet nichts als deine Ungeduld. Die Verleumdungen schadeten weder den Aposteln noch allen Demütigen; nicht sie schaden dir, sondern dein Stolz und deine Anmaßung, die dich ein erlittenes Unrecht schmerzlicher fühlen lassen.

Doch seid auf der Hut, Brüder! Der den Engeln nicht vergeben hat (2Petr 2,4) wegen eines schlechten Gedankens im Heiligtum, wie wird er euch schonen, wenn ihr hier ausgelassen lacht? Ich wollte mein Blut dafür geben, daß ihr in alle Ewigkeit alle Sünden meidet, und ich beschwöre euch im besonderen, daß ihr Ehrfurcht vor dem Heiligtum habt. Ihr Edlen der Stadt, ihr Frauen, etc., Chambéry ist das Vorbild für ganz Savoyen. Nichts ist Gott wohlgefälliger, nichts euch nützlicher. Gold von Toulouse, Quintus Caepio. Brennus und der Apollotempel in Delphi ...; „er legte Hand an sich“ (Valerius Max. I,1). Wollt ihr, daß euer Haus in Ehren steht, dann haltet das Haus Gottes in Ehren. 1 Sam 5,2.6: Die Philister erobern die Bundeslade mit Waffengewalt und bringen sie in den Tempel des Dagon; und Gott schlug sie mit unsichtbaren Plagen. Ihr bringt oft den Dagon in das Haus Gottes. Es ist gleichermaßen eine Sünde, den Dagon in das Haus Gottes zu bringen oder die Bundeslade in den Tempel des Dagon. Alles könnte uns zum Nutzen sein, etc. Dagon, Getreide, Idol der Habsucht.

Beispiel der hl. Maria von Ägypten. Sie vermochte den Tempel in Jerusalem nicht zu betreten, in dem das Kreuz aufbewahrt wurde, weil sie eine grundverdorbene Dirne war, bis sie vor dem Bild der seligsten Jungfrau von Reue ergriffen wurde. So tritt Christus den Eintretenden im Bild des Gekreuzigten entgegen, um ihnen sogleich Ehrfurcht einzuflößen; so bei Lactanz.


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