Zum Glaubensbekenntnis

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Wenn ich deinen allerheiligsten Leib, mein Erlöser, mein Gott, auf deinen heiligen Altären betrachte, den du durch so große Wunder bereitet hast, um uns in dieser Wüste zu nähren, was bleibt mir, ganz hingerissen in Bewunderung, anderes zu sagen als das Bekenntnis meiner Unzulänglichkeit: „Was ist das? Was ist das? Manhu? Manhu?“ (Ex 16,15).
Sieh mich an, Herr! Mein natürlicher Verstand, mein Fleisch, meine Sinne bereiten mir tausend Stürme: Ach, sagen sie mir, wie ist es möglich, daß der Erlöser sein Fleisch zu essen gegeben hätte? Wie hart ist dieses Wort! Und wer kann es hören und wer daran glauben?
Aber durch deine Gnade, mein Gott, haben die Verführer noch nichts über mich vermocht. Ich habe ihnen stets das Wort und das Glaubensbekenntnis entgegengehalten, das deine Apostel vormals unseren Vorfahren lehrten. Dem Rat der beiden großen Diener deiner Majestät, Ambrosius und Augustinus, folgend, habe ich mich mit ihm bewaffnet als Kennzeichen deiner Schutzwehr, habe mein Herz mit diesem Siegel verschlossen und gesiegelt, damit es sich ihren Einflüsterungen nicht öffnet. Es war mir wie ein Köcher, der mir abertausend Pfeile lieferte, um sie zu bekämpfen. Und wie, sagte ich, sollte dieses geheiligte Wort, das am Anfang dieses Glaubensbekenntnisses steht, wenn es kein anderes gäbe, nicht ausreichen, um alle Angriffe dieser Verführer abzuwehren?
„Ich glaube“ – dieses Wort habe ich bei meiner Taufe ausgesprochen durch den Mund jener, die mich zu ihr brachten. Daher bin ich einer, der glaubt, und gläubig, nicht einer, der versteht und begreift. Je mehr man mir daher dieses Sakrament schwer zu verstehen und zu begreifen macht, um so glaubwürdiger und ehrwürdiger macht man es mir. Der Glaube hat mehr Glanz, wo der Verstand mehr Dunkelheit hat.

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1.  Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde ...

Gott ist Gott in allen seinen Werken, aber in den größten zeigt er seine Gottheit besser. Und da dieses Sakrament ein großartiges Werk Gottes ist, welch deutlicheres Kennzeichen seines Schöpfers könnte es tragen, um in meinem Glauben angenommen zu werden, als daß es wunderbar und unbegreiflich ist?
Gibt es nicht drei Personen, Vater, Sohn und Heiliger Geist, in einem gleichen, einfachen und einzigen Wesen?
Welche Mühe kann der Glaube haben, der diese höchste Schwierigkeit gelöst hat, zu glauben, daß ein einziger Leib an mehreren Orten ist?
Möge Gott nicht zulassen, daß ich es wie jene Widerspenstigen mache, die seine göttliche Majestät lästerten und sagten: „Kann uns denn Gott den Tisch decken in der Wüste?“ (Ps 78,19). Was ich von diesem Osterlamm nicht kauen kann, werde ich – wie das Volk der Israeliten vor dem Auszug aus Ägypten (Ex 12,10) – in das Feuer der unbegrenzten Macht dieses allmächtigen Vaters werfen, an den ich glaube.
Wie könnten die kleinen Wolken der Schwierigkeiten, die unser natürliches Auge in diesem Sakrament sieht, im Wind der Macht Gottes bestehen?
Was könnte es noch so Hartes geben, das dieses Feuer nicht verschlingt?
Das Wort Gottes hatte so viel Kraft, daß durch es die Dinge wurden, die nicht waren. Wieviel mehr Macht wird es haben, um jene, die sind, im Sein zu erhalten, wo es ihm gefällt, und sie in andere zu verwandeln?
Er hat wohl an einen Ort versetzt, was nicht war; warum sollte er nicht an mehrere Orte versetzen, was an einem war?

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2.  ... und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn ...

Wenn ich sehe, mein Erlöser, daß dein Vater die Welt so sehr geliebt hat, daß er ihr dich gegeben hat (Joh 3,16), damit du ihr Hirte und Arzt seist, ach, welches Wunder ist das, sage ich, wenn der Sohn in derselben und gleichen Güte sich noch selbst geschenkt hat, um die Weide und die Arznei zu sein, um immer noch mehr Heiland, König und Herr zu werden, ganz und gar der Unsere!

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3.  ... empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria ...

Wie wurdest du empfangen, mein Gott, im Schoß einer Jungfrau ohne irgendein Zutun eines Mannes? Und warum sollte man die natürliche Ordnung suchen in deinem Leib, der außerhalb jeder natürlichen Ordnung entstanden ist und von der Jungfrau geboren wurde? Dein Leib nahm schon keinen Raum ein, als er den jungfräulichen Schoß deiner Mutter verließ (andernfalls hätte er ihre Jungfräulichkeit durchbrochen), vielmehr trat er hervor, wie ein Sonnenstrahl durch Glas. Warum sollte man es unglaublich finden, daß er in diesem wunderbaren Sakrament keinen Raum einnimmt?

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4.  ... gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben ...

Der dich so sehr geliebt hat, meine Seele, daß er dich wohl retten konnte durch einen einzigen Tropfen seines Blutes und das Geringste seiner Leiden, trotzdem aber seinen Leib ganz den Schmerzen und Leiden eines überaus bitteren Todes aussetzen wollte, um dir das Leben zu schenken, ach, derselbe ist hier, um dich darin zu erhalten, und nährt dich mit dem gleichen Leib.
Ist das nicht sehr glaubwürdig? Die Liebe der Mutter begnügt sich nicht damit, das Kind aus ihrem Wesen hervorgebracht zu haben, sondern läßt die Mutter es auch nähren. Wahrhaftig, nach so vielen köstlichen Vorbildern dieses Leidens, durch die die Diener gelabt wurden, wie das Osterlamm, das Manna und viele andere, da wäre es ein zu mageres und kaltes Gedächtnis der Passion, wenn sie dabei nur einfaches Brot und Wein verwendeten.

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5.  ... hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten ...

Er, der die Seinen, die in Abrahams Schoß waren, auf tausendfach andere Weise besuchen konnte, stieg dennoch in das Reich des Todes hinab, um sie mit der Gegenwart seiner Seele zu besuchen. Es ist nicht verwunderlich, daß er uns wohl auf vielfach andere Weise nähren konnte, aber die teuerste, wunderbarste und liebevollste wählte, die darin besteht, uns sein eigenes Fleisch als Speise zu geben.
Bei der Auferstehung hat er seinen Leib frei gemacht von den groben Eigenschaften der Leidensfähigkeit, der Schwere, der Ausdehnung, der Unscheinbarkeit und vieler anderer. Er hat den Stein durchdrungen (vgl. Mt 28,2) und ist bei verschlossener Tür (vgl. Joh 20,19) eingetreten (das heißt nichts weniger tun, als zwei Körper an einen Ort versetzen in der Weise, daß einer keinen Raum einnimmt). Wenn er sich unsichtbar, unfaßbar, nicht wahrnehmbar macht, ohne einen Raum einzunehmen, warum sollte er nicht in diesem Sakrament unsichtbar gegenwärtig sein, ohne einen Raum einzunehmen, da er gesagt hat, daß er in ihm ist? Wozu sollen wir in ihm noch die Eigenschaften eines sterblichen und hinfälligen Leibes suchen?

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6.  ... aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten Gottes, des Vaters ...

Finden wir es ungewöhnlich, daß dieser Leib wirklich und tatsächlich, wenn auch übernatürlich in den unseren eingeht, da er leichter als ein Vogel, alle Regeln eines menschlichen Leibes überschreitend, „bis zum höchsten Himmel hinaufgestiegen ist“ (Eph 4,10)? Er sitzt zur Rechten Gott Vaters über allen Himmeln, wo er weder einen Platz noch einen Raum einnimmt; denn welche Ausdehnung kann der Leib haben, der über jeden anderen Leib erhaben ist? Warum sollte er nicht auch hier unten sein, ohne irgendeinen Ort oder irgendeinen Raum einzunehmen?

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7.  ... von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Da er also weder an den Ort, noch an den Raum und die Schwere gebunden ist, wird er am Jüngsten Tag in den Lüften erscheinen mit seinen Heiligen, allen Menschen sichtbar, wo sie auch sein mögen (vgl. Mt 24,27.30; 25,31f; Offb 1,7), wenn auch mit verschiedenen Wirkungen. Das ist kein geringeres Wunder als jenes, durch das er unsichtbar in diesem großen Sakrament gegenwärtig ist.
Dann wird er jene richten, die schuldig geworden sind an seinem Leib und Blut, die dieses überaus kostbare und anbetungswürdige Sakrament unwürdig gegessen und getrunken haben, weil sie den Leib Unseres Herrn nicht unterschieden haben (vgl. 1 Kor 11,27.29).
Von welcher Speise außer dieser wurde je gesagt, daß sich schuldig am Leib Jesu Christi macht, wer sie unwürdig genießt?
Da sie wirklich der Leib Jesu Christi ist, machen sich auch tatsächlich an ihm schuldig, die sie mißbrauchen und nicht unterscheiden. Ein derart strenges Urteil hat man nicht gefällt für das Manna und das Osterlamm, obwohl man in ihnen durch den Glauben und geistigerweise Jesus Christus selbst genoß (vgl. 1 Kor 10,3f).

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8.  Ich glaube an den Heiligen Geist ...

Wie Gott alles, was er schuf, durch das Wirken des Heiligen Geistes geschaffen hat, so wirkte er jetzt durch den Heiligen Geist diese übernatürlichen Dinge, die nur der Glaube fassen kann.
„Wie soll das geschehen“, sagt die heilige Jungfrau, „da ich keinen Mann erkenne?“ Der Erzengel Gabriel antwortet: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ (Lk 1,34f) Und du fragst jetzt, wie das Brot der Leib Christi werden soll? Auch ich antworte dir: Der Heilige Geist überschattet und wirkt diese Dinge, die jedes Wort und jeden Verstand übersteigen.
Der Heilige Geist hat die heiligen Schriften eingegeben; hätte er sie wohl so ausdrücklich und stark gesetzt wie: „Das ist mein Leib“, wenn es nicht der wahre Leib Unseres Herrn wäre?
Hätte er nicht irgendeine Erklärung seiner Absicht hineinsetzen lassen, wenn sie eine andere gewesen wäre, als die Worte nach ihrem eigentlichen und ursprünglichen Sinn ausdrücken?
Und hätte er, der Lehrer in der Kirche, es in einem so wichtigen Artikel zum Irrtum und zur Täuschung kommen lassen?
Hätte er die Kirche so lang im Stich gelassen?

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9.  ... die heilige katholische Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen ...

Und wahrhaftig, wie könnte man die Kirche heilig nennen (die nur eine einzige allgemeine ist), wenn sie in dieser Tatsache wie in den anderen nicht zu allen Zeiten, an allen Orten und bei allen Völkern die Wahrheit aufrechterhalten hätte? Das hätte sie nicht getan, wenn in diesem Sakrament nicht der wahre Leib Unseres Herrn gegenwärtig wäre.
Gibt es aber eine vollkommenere Gemeinschaft der Heiligen als diese, in der wir alle ein Brot und ein Leib sind, zumal wir alle teilhaftig sind eines gleichen Brotes, das vom Himmel gekommen ist, lebendig und Leben spendend (vgl. Joh 6,51)?
Und wie könnten wir alle von dem einen gleichen Brot essen, wenn dieses Brot nicht der Leib Jesu Christi wäre? Dann gäbe es so viele Brote als Orte. Und würden wir nur eine gleiche geistige Speise essen durch den Glauben, wie hätte der Christ eine engere Gemeinschaft mit den anderen Christen als mit den Juden des Alten Bundes, die ebenfalls Jesus Christus durch den Glauben genossen und folglich eine gleiche geistige Speise (vgl. 1 Kor 10,3)? Haben wir nicht mehr als sie?

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10.  ... die Vergebung der Sünden ...

Herr, du hast gesagt, dein Leib und dein Blut in diesem Sakrament wurden hingegeben, gebrochen, vergossen für alle „zur Vergebung der Sünden.“ (Mt 26,28) Möge es doch nicht geschehen, daß ich glaube, ein anderes Blut wäre zur Vergebung meiner Sünden vergossen und ein anderer Leib hingegeben worden als dein eigenes und natürliches. Was denn? Ein einfaches Sinnbild und Gedächtnis sollte die gleiche Kraft haben? Das Besprengen mit dem Blut des Jungrindes, obwohl ein Sinnbild des am Kreuz vergossenen Blutes, heiligte nur zur Reinheit des Fleisches; nein, es ist das eigene Blut deiner Majestät, das unser Gewissen von toten Werken reinigt, um dem lebendigen Gott zu dienen. (vgl. Hebr 9,13)

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11.  ... die Auferstehung der Toten ...

Ach, gütiger Jesus, wann wird es geschehen, daß in einem Moment, in einem Augenblick, beim Schall der letzten Posaune, die Toten auferweckt werden und das eigene Fleisch jedes einzelnen, bisher auf hunderttausendfache Weise verstreut, wiederhergestellt wird zu einem unverweslichen und unsterblichen Leib?
Mein Gott, welches Wunder!
Doch indessen bewundere ich etwas beinahe Gleiches: in einem Moment, in einem Augenblick, beim Schall der Posaune deines Wortes, wird dein eigener Leib, der zur Rechten des Vaters im Himmel sitzt, überall gewissermaßen wieder hergestellt in diesem heiligen Sakrament, wo dieses Geheimnis gefeiert wird.
Wunderbarer Herr, wenn aber ein wenig Sauerteig schon eine große Teigmasse aufgehen läßt, wenn ein kleiner Funke genügt, um ein Haus in Brand zu stecken, wenn ein Samenkorn, das in die Erde gelegt wird, die Erde fruchtbar macht und so viele andere hervorbringt, wie sehr muß ich hoffen, daß dein gebenedeiter Leib, der in den meinen eingeht, diesen aus seinem Verfall erheben wird, wenn die Zeit gekommen ist, ihn mit seiner Glorie erleuchten, ihn unsterblich, leidensunfähig, gewandt, behend, strahlend machen und mit allen herrlichen Eigenschaften ausstatten wird, die man nur hoffen kann.
Diese Wirkkraft kann man nicht in Gleichnissen finden, sie muß von der Wirklichkeit deines überaus kostbaren Leibes ausgehen.

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12.  ... und das ewige Leben. Amen.

In der Tat, mein Erlöser, welche andere Speise, die nicht dein Leib ist, kann das ewige Leben geben?
Es muß ein lebendiges Brot sein, um ein himmlisches Leben zu verleihen; ein Brot, das du selbst bist, mein Herr und mein Gott, um das unsterbliche, ewig dauernde Leben zu schenken. Obwohl das Manna das wahre Sinnbild deines Leibes war, vermochte es nicht so viel; es braucht eine gediegene und markige Speise für ein solches Leben. Welche andere kann dafür gegeben werden als du, der du lebst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
DASal 10,357-363

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