Predigt zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel - 3

(Apg 7,54-60)

Liebe Schwestern und Brüder,

die Massenmedien - Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen - und all jene Frauen und Männer, die damit zu tun haben, sind das Thema des heutigen Sonntages. Ein Thema, das sicherlich in den meisten Pfarren untergehen wird, weil man es als nicht besonders wichtig oder dringend erachtet. Ich finde das schade, nicht, weil ich mich mit diesen Dingen schon einige Jahre lang intensiv beschäftige, sondern weil dieses Thema so herrlich aus dem Leben gegriffen ist. Ich glaube, es gibt keinen unter uns, der nicht jeden Tag wenigstens einmal mit Zeitung, Fernsehen, Radio in Berührung kommt. Die Statistiken selbst sprechen sogar non einer noch viel größeren Bedeutung. So seien diese drei Dinge die meistgebrauchten Freizeitmittel der modernen Welt, wobei dem Fernsehen natürlich die weitaus größte Bedeutung zukommt.

Und dieses Thema Massenmedien, das da so lebensnah ist, ist noch dazu deshalb wichtig, weil es auch eine hohe Problematik in sich trägt. Diese „Wunder- und Heilmittel“, wie die Massenmedien von II. Vatikanischen Konzil bezeichnet werden, können nämlich, und das wissen wir alle, ziemlich großen Schaden anrichten, außer man lernt, damit in rechter, das heißt kritischer Weise umzugehen. Man könnte jetzt über viele ganz vehemente Problembereiche der Massenkommunikation reden, wie etwa über die Boulevardblätter, den gesellschaftlichen Verblödungsdrogen, über das Radio als niveaulose Dauerberieselungsmaschine oder dem Fernseher, als den negativen Familientisch, der die Familie in lauter glotzende Individualisten zerteilt und jede Kommunikation untereinander abtötet. Ich möchte aber heute auf ein anderes, auch ganz zentrales Thema in diesem Bereich eingehen, dessen Brisanz ich vor einigen Jahren selbst gespürt habe: nämlich die Wahrheit in den Massenmedien.

In meiner Zeit als Religionslehrer kam einmal der Botschafter von Chile in unsere Schule. Er wollte uns Rede und Antwort stehen zu Theman wie Menschenrechte, Armut, Rüstung usw. in Chile. Wir hatten uns sehr gut darauf vorbereitet mit Hilfe von Informationen, die uns die Massenmedien, die Zeitungen oder das Fernsehen lieferten. Wir konfrontierten dann auch den Botschafter mit diesen Informationen der Menschenrechtsverletzungen, der Ungerechtigkeiten und menschenverachtenden Polizeimethoden aus Zeitungsberichten und Fernsehsendungen. Wir waren jedoch sprachlos, als der Botschafter diese Informationen alle als Lügen, Fälschungen und erfundene Moritaten abtat. Am Ärgsten wurde es, als wir ihm von einer ORF-Dokumentation über Chile erzählten, wo wir mit eigenen Augen sehen konnten, wie die Polizei eine friedliche Demonstration in Santiago de Chile brutal niederschlug, wo das Wasser der Wasserwerfer mit Nervengas angereichert war und die Menschen reihenweise Erstickungsanfälle bekamen. Das haben wir mit eigenen Augen gesehen. Eben nicht, sagte darauf der Botschafter, ihr habt es nur im Fernsehen gesehen. Ich selbst bin aus Chile und ich weiß ganz genau, dass dieser Film, den ich selbst auch gesehen habe, mit Sicherheit nicht in Chile gedreht worden ist. Die Chilenen hätten ganz andere Gesichter und die Polizeiuniformen seien auch völlig anders als die, die in diesem Film gezeigt wurden. Obwohl wir alle genau wussten, dass uns dieser Mensch nach Strich und Faden belügt, konnten wir dagegen nichts mehr sagen. Wir haben ja unsere Informationen wirklich nur aus den Massenmedien und filmtechnisch ist es ohne weiteres möglich, die Niederschlagung einer Demonstration in irgendein Land zu verfrachten, in dem nie eine Demonstration stattgefunden hat. Natürlich ist es möglich, dass unsere Zeitungsberichte manipuliert sind und so verfasst wurden, dass sie einem unbescholtenen Land schaden. Solche Fälle der Meinungsmanipulation und des verunglimpfenden Umganges mit Wahrheit kennen wir alle. Aber gerade weil solches möglich ist, deshalb wurden für uns die Menschenrechtsverletzungen der chilenischen Militärdiktatur unbeweisbar und vor einem Botschafter, der auf ein 60jähriges Leben in Chile zurückblicken kann, unhaltbar.

Ich meine, dass aus diesem Beispiel zwei Lehren zu ziehen sind: Die eine geht jene an, die bei den Massenmedien arbeiten, die Journalisten. Ihre Glaubwürdigkeit ist unter der Bevölkerung ohnehin schwer angekratzt. Der Journalist zählt zu jenen drei Berufsgruppen, zu denen die Menschen am wenigsten Vertrauen haben, weil - und das ist mir wichtig - weil sie mit der Wahrheit machen was sie wollen. Um wieder glaubwürdig zu werden, muss daher ihr oberstes Gebot die Wahrheitsliebe werden, so wie es auch der Patron der Journalisten, der heilige Franz von Sales schreibt: „Leben sie stets und ohne Abschweifung nach der Wahrheit und pflegen sie diese kostbare Gabe, die sie zu ihrem Vorteil empfangen haben.“ Die Journalisten müssen zu Zeugen der Wahrheit werden, zu Märtyrern der Wahrheit so wie es der hl. Stephanus geworden ist, wie wir in der heutigen Lesung gehört haben. Das mag jetzt vielleicht brutal klingen, aber die Bedeutung der Informationsverbreitung durch die Massenmedien ist in unserer Zeit so groß, dass dies nur in aller Schärfe gesagt werden kann.

Das zweite, das das Erlebnis mit dem chilenischen Botschafter lehrt, betrifft uns als Mediennutzer. Auch wir haben Zeugen der Wahrheit zu werden und sind daher aufgefordert, die Massenmedien kritisch zu nutzen. Das bedeutet: Nicht einfach alles Gesehene, Gehörte oder Gelesene ungefragt in sich hineinsaugen und weitergeben, sondern prüfen. Und wie prüft man den Wahrheitsgehalt der Medien? Entweder indem man mehrere Informationsquellen ausschöpft, also ein weiteres Medium heranzieht, oder indem man an das Medium einen Leserbrief schreibt. So ein Leserbrief bewirkt nämlich mehr, als man vielleicht ahnt. Also: Aus Liebe zur Wahrheit: Geht mit den Massenmedien kritisch um. Das ist ein Aufruf, der besonders für uns Christen gilt, die wir an einen Gott glauben, der von sich sagt, dass er die Wahrheit ist, und die Martyrer verehren, die ihr Zeugnis für die Wahrheit mit ihrem Tod bezahlten. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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