Wanderer

Thema: Herzensgebete, geistliche Einkehr

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Übe die Stoßgebete, die der große hl. Augustinus so eindringlich der frommen Frau Proba empfahl. Wenn unser Geist ständig vertraulich und innig mit Gott verkehrt, dann wird er ganz vom Duft göttlicher Vollkommenheit durchdrungen werden. Diese Übung ist bestimmt nicht schwer. Man kann sie in alle Arbeiten und Beschäftigungen einflechten, ohne diesen irgendwie zu schaden; denn wie bei der geistlichen Einsamkeit wendet man sich bei diesen Stoßgebeten nur kurz von seiner Arbeit ab; sie wird dadurch nicht gestört, sondern vielmehr gefördert. Der Wanderer bleibt wohl einen Augenblick stehen, wenn er einen Schluck Wein nimmt, um Herz und Mund zu erfrischen; dadurch unterbricht er aber keineswegs seine Reise, sondern holt sich nur Kraft, um rascher und besser ausschreiten zu können. (DASal 1, Seite 86)

Kommentiert: Es ist immer Zeit für ein Herzensgebet, es gibt Kraft für den Alltag.


Thema: Gnade, Einsprechungen, Gehorsam

An einem heißen Sommermittag legten sich Wanderer unter dem Schatten eines Baumes nieder und schliefen ein. Die Müdigkeit und die frische Kühle des Schattens versetzten sie in tiefen Schlaf. Die Sonne bewegte sich aber immer weiter gegen Westen und bald warf sie ihre glühenden Strahlen gleich kleinen Blitzen auf die Augenlider der Ruhenden. Die Helle des Lichtes und die Hitze der Strahlen, die ihre Lider förmlich durchbohrten, zwangen sie mit sanfter Gewalt aufzuwachen. Die einen erhoben sich sofort, nahmen ihre Wanderung wieder auf und erreichten am Abend glücklich die Herberge. Die anderen aber kehrten der Sonne den Rücken, zogen ihren Hut tief ins Gesicht und blieben den ganzen Tag unter dem Baum liegen. Als die Nacht hereinbrach, wollten auch sie die Herberge aufsuchen, verirrten sich aber im Wald und waren in großer Gefahr, eine Beute der wilden Tiere zu werden. Was meinst du nun, Theotimus? Verdanken jene, die rechtzeitig aufbrachen und in der Herberge anlangten, dies nicht der Sonne oder, um mich christlicher auszudrücken, vielmehr dem Schöpfer der Sonne? Gewiss, denn die Wanderer dachten von selbst nicht an ein Aufwachen, als es Zeit dazu war, sondern wurden durch die mahnenden Strahlen und die sanfte Glut der Sonne aufgeweckt. Es ist wohl wahr, dass sie der Sonne keinen Widerstand leisteten, doch selbst dazu half ihnen die Sonne noch viel. Sie ergoß freundlich ihr Licht über sie und machte sich so durch ihre Augenlider hindurch bemerkbar. Ferner drängte sie ihre Wärme liebevoll zum Öffnen der Augenlider und zum Sehen des Tageslichtes. Jene anderen aber, die sich verirrten, hätten sie nicht unrecht, in den Wald zu rufen: "Was haben wir der Sonne getan, dass sie nicht auch uns gleich den anderen ihr Licht gezeigt, damit wir die Herberge erreichten, statt in dieser schrecklichen Finsternis bleiben zu müssen?" Wer möchte nicht die Sache der Sonne oder vielmehr Gottes ergreifen und ihnen erwidern: "Ihr Narren! Konnte die Sonne mehr für euch tun, als sie getan hat? War sie nicht gleich gut zu allen! Ergoß sie nicht über alle, die unter dem Baume schliefen, in gleichem Maße ihr Licht, ihre Strahlen und ihre Wärme? Habt ihr nicht deutlich gesehen, wie eure Gefährten sich erhoben und weiterzogen? Trotzdem habt ihr der Sonne den Rücken gekehrt, habt nichts von ihrer Helle wissen wollen und euch nicht von ihrer Wärme besiegen lassen." Das will ich dir nun sagen, Theotimus: wir alle sind Wanderer in diesem irdischen Leben; fast alle sind wir freiwillig in den Schlaf der Sünde gefallen. Gott nun, die Sonne der Gerechtigkeit, sendet uns in weitaus genügendem Maße, ja reichlich die Strahlen seiner Einsprechungen, erwärmt unsere Herzen mit seinen Segnungen und rührt einen jeden durch das Werben seiner Liebe. Aber was soll das nun heißen, dass diese Lockungen so wenige anziehen und noch weniger Menschen nach sich ziehen? Gewiß, jene die sich locken und dann ziehen lassen und der Einsprechung folgen, haben allen Grund, sich zu freuen, keinen Grund aber, sich zu rühmen. Sie sollen sich freuen, denn sie erfreuen sich eines großen Gutes, sie sollen sich aber nicht rühmen, denn sie verdanken es der reinen Güte Gottes, der ihnen den Nutzen seiner Wohltaten überläßt und sich die Ehre dafür vorbehält. (DASal 3, Seite 213)

Kommentiert: Dem Ruf Gottes in uns folgen


Thema: Gebote

Der Wanderer, der fröhlich singend seines Weges zieht, fügt scheinbar zur Mühe des Wanderns noch die des Singens hinzu, überwindet aber in Wirklichkeit durch diese vermehrte Mühe die Langeweile und erleichtert die Beschwerde des Weges. So findet auch der Liebende an den Geboten so viel Beglückendes, dass nichts in diesem sterblichen Leben ihn so sehr aufatmen lässt und tröstet wie die liebreiche Bürde der Gebote seines Gottes. (DASal 4, Seite 89)

Kommentiert: "Meine Last ist leicht."


Thema: Trostlosigkeit, Trockenheit, Wille Gottes

Der Wanderer, der Angst hat, den rechten Weg zu verfehlen, der unsicher seines Weges geht, schaut da und dorthin in die Landschaft hinein, um zu sehen, wo er ist, und bleibt jeden Augenblick stehen, um zu erwägen, ob er nicht irregeht. Wer aber seines Weges sicher ist, geht fröhlich, kühn und hurtig einher. So ähnlich ist es mit einer Liebe, die in Tröstungen dem Willen Gottes folgen will: immer ist sie in Furcht, irrezugehen und statt des göttlichen Wohlgefallens die in der Tröstung liegende eigene Freude zu lieben. Die Liebe aber, die ihren Weg auf den Willen Gottes hin im Leiden geht, wandelt in Sicherheit. Da das Leid in sich selbst nicht liebenswürdig ist, ist es leicht, es nur aus Ehrfurcht vor der Hand zu lieben, die es sendet. Im Frühling, wenn die Kräuter und Blumen so stark ihren Duft ausströmen, dass dieser die Spur des Hirsches oder des Hasen ganz überdeckt, verlaufen sich die Hunde jeden Augenblick und haben kaum mehr eine Witterung. Im Frühling der Tröstungen achtet die Liebe fast nicht mehr auf das Wohlgefallen Gottes, weil die fühlbare Freude an der Tröstung so anziehend für das Herz ist, dass sie von der Aufmerksamkeit, die es dem Willen Gottes schenken sollte, abgelenkt wird. (DASal 4, Seite 125)

Kommentiert: Schritt für Schritt gehen – ob in fühlbarer Freude oder innerer Trockenheit


Thema: Beharrlichkeit, Ausdauer

Cicero sagt an einer Stelle seiner Schriften, ich weiß aber nicht, wo, in der Form eines Sprichworts, dass nichts den Wanderer so sehr ermüdet wie ein langer Weg, wenn er eben ist, oder ein kurzer, wenn er recht uneben und bergig ist (ich entsinne mich nicht seiner eigenen Worte). Er fügt einige andere Dinge hinzu, aber er will doch ausdrücken, dass die Beharrlichkeit etwas sehr Schwieriges ist. Obwohl der Wanderer auf einem schönen, ebenen Weg geht, ist es dessen Länge, die ihn ermüdet; und wenn er die Nacht anbrechen sieht, wird er unmutig und unruhig. Schließlich hätte er gewiß mehr Freude, wenn dieser Weg abwechslungsreich wäre durch einige Täler und Hügel. Ebenso ermüdet und langweilt der unebene und bergige Weg den Pilger, obwohl er kurz ist, zumal man immer das gleiche tun muss. Aber er ist doch kurz. Trotzdem möchte er lieber, dass er länger wäre und es manche Ebenen und Täler gäbe. Was ist das anderes als Launenhaftigkeit des menschlichen Geistes, der keine Ausdauer hat in dem, was er unternimmt? (DASal 9, Seite 436)

Kommentiert: Auf dem Weg unseres Lebens mit Gott ist Ausdauer nötig.