Ewige Profess im Kloster der Heimsuchung Mariens

"Weil Gott uns liebt" (Hos 2,16.21.22; Joh 15,1-17)

Liebe Schwestern und Brüder,

zehn Tage lang habt ihr Euch auf diesen heutigen Tag ziemlich intensiv vorbereitet. Das war wichtig: Weil der heutige Tag für Euch eine Lebensentscheidung bringt, die Endgültigkeitswert hat. Ihr versprecht Euer Leben auf immer im Orden der Heimsuchung Mariens Gott zu weihen. Eine solche Entscheidung ist nicht alltäglich, ja wir dürfen in der heutige Zeit, in der sehr wenige Frauen diesen Schritt tun, sagen, dass es etwas ganz außergewöhnliches ist, was ihr da macht.

Ich durfte Euch in diesen zehn Tagen Eurer Exerzitien begleiten. Nur einmal habe ich euch kurz allein gelassen, weil ich zu einer Hochzeit musste. Und dort habe ich bei der Predigt dem jungen Brautpaar und den übrigen Hochzeitsgästen die Frage gestellt, warum denn zwei Menschen heiraten? Die waren dann alle ganz erstaunt, dass ich so eine Frage überhaupt stelle. Es ist doch völlig selbstverständlich, dass, wenn sich zwei Menschen lieben, sie diesen Schritt machen. Und warum heiraten sie dann kirchlich? also im Angesichte Gottes, im Rahmen eines Gotteshauses? Klar, weil ihnen Gott etwas bedeutet. Sie möchten, dass Gott ihre Ehe segnet, sie möchten, dass auch Gott in ihrem Leben eine Rolle spielt.

Interessant ist, dass ich, wenn ich bei einer Hochzeit die Frage stelle, warum zwei Menschen diesen Weg gehen, dass ich dann Unverständnis ernte, weil das doch klar ist: Sie lieben sich und sie möchten Gott in ihrem Leben dabei haben. Frage ich aber am heutigen Tag, warum zwei Menschen sich mit ganzem Leben Gott weihen wollen, dann spitzen wir sofort die Ohren, weil wir das auch gerne wissen möchten, obwohl doch die Antwort ganz klar ist: Hier sind zwei Menschen, die sind in Gott so sehr verliebt, die sind von Gott so begeistert, dass sie heute voll und ganz JA zu ihm sagen. Was bitte ist daran so unverständlich? Es ist auf jeden Fall nicht merkwürdiger, als wenn zwei Menschen heiraten. Denn immer ist der Grund die Liebe.

Ganz deutlich wird uns das bei den Bibelstellen, die Ihr euch für den heutigen Tag ausgesucht habt. Es sind zwei Texte, die ich ohne weiteres auch bei einer Hochzeit verwenden könnte. Hosea beschreibt die Situation einer Brautwerbung: "In der Wüste habe ich dich umworben. Ich traue mich dir an auf ewig!" Und im Johannes-Evangelium hörten wir die Aufforderung Jesu: "Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Dies trage ich euch auf: Bleibt in meiner Liebe!"

Es ist und bleibt die Liebe, die die Entscheidung für eine Hochzeit verständlich machen, und es ist die Liebe, die eine Ewige Profess verständlich macht. Bei der Profess kommt vielleicht noch das Geheimnis hinzu, dass diese Liebe zu Gott so stark und so intensiv ist, wie es das Bild vom Weinstock und den Reben ausdrückt. So wie die Rebe zum Weinstock, so gehöre ich zu Gott. So wie die Rebe ohne den Weinstock nichts ist und keine Frucht hervorbringt, so bin ich ohne Gott nichts und kann auch nichts. Und ich finde es wunderbar, dass es Menschen gibt, die diese intensive Liebesbeziehung zu Gott haben, die das auch Leben und die sich trauen hier in aller Öffentlichkeit davon Zeugnis zu geben, in dem sie Profess ablegen. Es ist ein Beweis dafür, dass die Liebe Gottes keine Erfindung ist, sondern erfahrbare Wirklichkeit, erfahrbar an Menschen wie euch, die sich dazu entschieden haben, die Ewige Profess abzulegen. Gott liebt uns, ist ihre Botschaft, weil wir von dieser Liebe so begeistert sind, gehen wir diesen Weg.

Für diesen Weg der Gottesliebe hättet ihr euch keine geeignetere Ordensgmemeinschaft erwählen können als die Heimsuchung Mariens. Denn eure Gründer, der hl. Franz von Sales und die hl. Johanna Franziska von Chantal, gelten als die großen Lehrer der Liebe. In diesen beiden Heiligen, in deren Geist und in deren Spiritualität ihr lebt, könnt ihr sehr viel für euren Weg in der Gottesliebe lernen. So sehr sich nämlich diese beiden Heiligen auch ähnlich waren, so sehr unterschieden sie sich in ihre ganz persönlich Beziehung zu Gott.

Johanna Franziska musste ein Leben lang um diese Liebe ringen, sie hatte Durststrecken und Wüsten zu überwinden. Sie fragte einmal den Heiligen Franz von Sales, ob er denn solche Zeiten der Trockenheit auch kenne. Und dann sagte er: "Ja, ich kenne solche Zeiten schon! Aber sie sind sehr kurz!" Franz von Sales war jemand der mit einer ständigen Erfahrung der Liebe Gottes beschenkt wurde. Johanna Franziska musste darum ringen. Darum konnte Franz von Sales auch in einem Brief an eine Ordensfrau schreiben: "Wie können Menschen, die ihr Leben Gott geweiht haben, traurig sein? Gibt es denn ein Glück, das diesem gleichkommt?" Johanna Franziska hatte es da nicht so gut, Obwohl sie ihr Leben als Ordensfrau Gott geweiht hatte, kannte sie auch Zeiten, in denen sie von dieser Liebe Gottes sehr wenig spürte. Aber sie gab nicht auf, an diese Liebe zu glauben, und sich an diese Liebe festzuhalten. Und ich glaube, ihre Lebenserfahrung entspricht auch mehr der Wirklichkeit. So wie es auch in einem Eheleben, in der Liebe zwischen Mann und Frau, schwierigere Zeiten gibt, Zeiten der Trockenheit, so gibt es das auch im Kloster, in der Liebe zwischen dem Menschen und Gott.

Was wichtig ist, ist, dass ihr diesen Gott trotzdem nicht aus den Augen verliert, dass ihr ihn trotzdem weiter sucht, dass ihr in dieser Verbindung bleibt, die zwischen der Rebe und dem Weinstock da ist. Ja, ich sage sogar, ihr seid nicht ins Kloster gekommen, um große Gotteserfahrungen zu machen, Klosteralltag heißt vielmehr, Gott und seine Liebe jeden Tag aufs Neue zu suchen. Franz von Sales war sich natürlich bewusst, dass er mit seiner Gottesbeziehung von Gott eine besondere Gnade geschenkt bekommen hat. Daher gab er seinen Schwestern einmal auch den Rat, den ich jetzt an euch weitergeben möchte: "Kannst Du deinem göttlichen Bräutigam nicht immer saftige Früchte anbieten," so sagte er einmal, "so gib ihm gedörrte: ihm gelten sie ebensoviel, wenn nur das Herz, das sie darbringt, völlig entschlossen ist, ihn zu lieben."

Der Entschluss zu Gottesliebe ist das wichtige. Die Entscheidung, Gott von ganzem Herzen lieben zu wollen. Und diese Entscheidung trefft ihr heute und jetzt. Und dafür danke ich euch, weil ihr mit diesem Schritt uns allen hautnah und spürbar beweist, dass unser Gott existiert, dass unser Gott die Liebe ist, und dass er so groß ist, dass er es wert ist, ihn ein Leben lang zu suchen. Ich danke euch dafür und ich wünsche euch für Euer Leben viele viele Stunden, in denen ihr die Liebe Gottes erleben dürft. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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