PREDIGT zum 8. So.i.Jk. - LJ B

"Das Wesentliche" (Mk 2,18-22)

Liebe Schwestern und Brüder,

der hl. Franz von Sales war ein richtiger Faschingsmuffel. Zumindest gesteht er dies einmal in einem Brief, in dem er schreibt: „Sie müssen wissen, dass ich mich jetzt in meiner traurigen Zeit befinde, denn von Dreikönig bis Aschermittwoch hege ich sonderbare Gefühle in meinem Herzen: es erfüllt mich mit Schmerz, zu sehen, wie gerade jetzt viel Frömmigkeit verlorengeht, ich will sagen, wie viele Seelen nachlassen. ... Wegen nichts und wieder nichts, wegen Nichtigkeiten. Das geht mir sehr zu Herzen.“ Und in einem anderen Brief schreibt er: „Wie sehr bin ich es zufrieden, dass wir dem in dieser Stadt herrschenden Faschingsstreiben die Flügel beschnitten haben, so dass man es kaum mehr erkennt. Wie sehr beglückwünschte ich doch am Sonntag mein Volk, das in außerordentlicher Zahl gekommen war, um die Abendpredigt zu hören, und das alle Unterhaltungen abgebrochen hatte, um zu mir zu kommen! Das freute mich sehr, auch, dass alle unsere Damen keine Bälle zu veranstalten wagten, da sie so gut und von großer Frömmigkeit erfüllt sind.“

Da wir uns gerade mitten in der Hochphase der Faschingszeit befinden, darf ich euch alle also im Sinne des hl. Franz von Sales beglückwünschen, dass ihr heute den Weg zu uns ins Rosental gefunden habt, damit wir auch in dieser Zeit miteinander Gottesdienst feiern.

Und diese beiden Zitate des hl. Franz von Sales können uns heute am Faschingssonntag durchaus auch einmal zum Nachdenken anregen.

Franz von Sales hatte nichts gegen Bälle und Tanzveranstaltungen, gegen Freude und Ausgelassenheit. Im Gegenteil, weil er in seiner Philothea schrieb, dass Tanz und Bälle an und für sich weder gut noch schlecht sind, ist er von anderen Priestern und Bischöfen scharf kritisiert worden. Was er allerdings damit wirklich sagen wollte, haben sie nicht verstanden, sonst hätten sie ihn gar nicht so scharf angegriffen.

Franz von Sales geht es immer darum, dass wir in unserem Leben das wirklich Wesentliche und Wichtige nicht vergessen, nämlich Gott. Und wenn das so ist, dass die Bedeutung Gottes in unserem Leben nicht verloren geht, hat er auch nichts gegen Tanz und Bälle. Offenbar hat er allerdings gemerkt, dass eben in der Faschingszeit bei vielen Menschen Gott ziemlich an den Rand gedrängt wird und genau das machte ihn traurig. Daher nützte er auch die Chance des Aschermittwochs, die Menschen wieder auf das Wesentliche einzustimmen: „Bedenk o Mensch, dass du Staub bist.“ Ohne Gott bist du verloren, besinne dich also wieder auf das Wesentliche, konzentriere dich auf deinen Glauben und deine Frömmigkeit. Sammle dir nicht Schätze auf der Erde, sondern im Himmel.

Das war es auch, was Jesus Christus seinen Jüngern beibringen wollte. Mit den Worten des heutigen Evangeliums gesprochen, könnten wir sagen: Egal ob wir Fastenzeit oder Faschingszeit haben, egal ob wir eine Hochzeit feiern oder den ganz normalen Alltag leben, egal ob wir in der Kirche sitzen oder in der Küche oder im Büro, gut und richtig genützt ist diese Zeit immer nur dann, wenn Gott auch wirklich dabei ist, wenn er in unserer Mitte ist und wir ihn nicht an den Rand schieben oder gar vergessen. Das ist auch der Unterschied zwischen wahrer Frömmigkeit und Frömmlertum, so zumindest beschreibt es eine chassidische Geschichte:

Eines Tages kam ein besonders Frommer zu einem Rabbi und klagte sein Leid: „Die Leute nennen mich einen Frömmler. Kannst du mir sagen, was sie damit meinen. Warum bin ich für sie ein Frömmler und kein Frommer?“ Darauf erwiderte der Rabbi: „Der Frömmler macht aus der Hauptsache der Frömmigkeit – nämlich Gott - eine Nebensache und aus der Nebensache eine Hauptsache.“

Da wir ja alle keine Frömmler sein wollen, sondern Christen, die wissen, was die Hauptsache und was die Nebensache ist, sollten wir uns also immer wieder einmal die Frage stellen, wie wichtig uns Gott im Leben wirklich ist, vielleicht gerade heute am Faschingssonntag ganz besonders. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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