PREDIGT zum 33. Sonntag i. Jk. - LJ A

"Damit wir in den Himmel kommen“ (Mt 25,14-15.19-21)

Liebe Schwestern und Brüder,

letzte Woche ging ich in einen Laden, um mir eine Zeitung zu kaufen. Es war ein kleiner Kiosk und hinter der Ladentheke stand ein alter Mann. Bevor er sich überhaupt meinen Wunsch anhörte, räumte er erst einmal in aller Ruhe ein Regal ein. Er schien wirklich alle Zeit der Welt zu haben, obwohl ein Kunde in seinem Laden stand. Das brachte mich schon einmal zum Staunen. Da ist einer, der bedient den Kunden nicht sofort, sondern macht einmal seine Arbeit fertig, die er gerade begonnen hat.

Schließlich wandte er sich an mich und fragte, was ich wollte. Eine Zeitung. Er nahm nun nicht die, die auf dem Ladentisch lag, sondern ging in einen Nebenraum und holte von dort ein anderes Exemplar. „Die ist für die Werbung“, sagte er dann und deutete auf das Exemplar am Ladentisch. Dann erzählte er mir, dass sein Laden für all die Zeitungen zu klein sei und für gewöhnlich hätten seine Kunden auch genug Zeit, damit er ein anderes Exemplar holen könne.

Ich bezahlte mit einem 10 Mark Schein. Er nahm ihn und sagte: „Und wenn sie jetzt noch 50 Pfennige haben, damit ich ordentlich herausgeben kann, dann bete ich für Sie, damit Sie in den Himmel kommen!“ Dann sah er mich an und fügte hinzu: „Mehr wollen wir doch nicht - oder?“ Ich gab ihm die 50 Pfennige und antwortete: „Ja, das stimmt, und nun beten Sie für mich, damit ich in den Himmel komme!“

Später habe ich mir gedacht: Ein interessantes Erlebnis, aber ob es wirklich so einfach ist? Wollen wir wirklich nicht mehr, als dass wir in den Himmel kommen? Wenn wir beten - ob nun für uns oder für andere - beten wir dann um den Himmel oder nicht doch eher um alles mögliche andere? Außer natürlich bei unseren Verstorbenen, so wie jetzt besonders im Monat November oder heute am Volkstrauertag. Da beten wir natürlich um den Himmel. Aber bei den Lebenden? Für uns selbst? Wollen wir wirklich nicht mehr als den Himmel?

Um den Himmel geht es auch im heutigen Evangelium. Jesus erzählt eine Geschichte, die erklären soll, wie es mit dem Himmelreich ist. Der Schluss der Geschichte lautet dann: „Komm, nimm teil an der Freude des Herrn.“ Genau das ist Himmel: Der Mensch nimmt Teil an der Freude des Herrn. Diese Freude ist der Himmel.

Die Geschichte selbst erzählt dann vom Leben. Gott übergibt den Menschen sein Vermögen, seine Talente, nicht allen gleich viel, sondern allen je nach ihren Fähigkeiten. Und je nach den Fähigkeiten sind die Menschen beauftragt, zu leben, immer mit dem Ziel, schließlich, am Ende des Lebens teilzunehmen an der Freude des Herrn. Leben heißt also vor Gott nicht, sich zu überfordern, sich kaputt zu leben, weil man Dinge tun soll, die man nicht fertig bringt, weil man zu schwach dazu ist. Leben heißt, das verwirklichen, was meinen Fähigkeiten und Talenten entspricht. Der hl. Franz von Sales meint: „Es ist ein Unding, von einem Politiker zu fordern, er solle den ganzen Tag in der Anbetung vor Gott schweigen; oder von einem Ordensmann, er solle eine Parteirede halten. Ebenso braucht eine Mutter nicht jeden Tag die Heilige Messe zu besuchen, wenn sie damit die Sorge um ihre Kinder vernachlässigen müsste.“

Worum also geht es? Der Politiker soll Politiker sein, der Ordensmann Ordensmann, die Mutter Mutter - und jeder eben mit dem Ziel, durch sein Leben Gott zu verherrlichen, der einem die Fähigkeiten zum Leben gegeben hat, um schließlich und endlich teilzunehmen an der Freude des Herrn. So ist es mit dem Himmelreich. Es beginnt schon hier auf Erden, wo wir mit unseren Fähigkeiten und Talenten zu leben haben und zwar jeden Tag neu. Es ist daher gar nicht so verkehrt, hin und wieder auch füreinander zu beten, dass wir in den Himmel kommen.

Zum Schluss noch ein Wort des hl. Franz von Sales zum Nachdenken. Er rät uns: „Der kluge Mensch richtet jeden Tag so ein, als wäre er der letzte in seinem Leben.“ Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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