PREDIGT zum 32. Sonntag i. Jk. - LJ C

"Hoffnung" (Lk 20,27.34-38)

Liebe Schwestern und Brüder,

Es wäre, glaube ich, sehr leicht, jetzt eine ganze Reihe von Ereignissen aufzuzählen, die uns klar machen, dass in unserer Welt nicht das Leben, sondern der Tod regiert. Da genügt ein kurzer Blick in die täglichen Nachrichten, in denen ständig von Mord und Totschlag, Krieg und Katastrophen aller Art berichtet wird … Aber das ist nicht die Herausforderung des heutigen Sonntags und des heutigen Evangeliums. Auch Jesus Christus musste auf jene Menschen reagieren, die Auferstehung und Ewiges Leben ablehnen. Ihnen hält er das Prinzip Hoffnung entgegen, weil eben Gott nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden ist. Und ich meine, dass gerade das eine Grundhaltung des Christen überhaupt darstellt, nämlich der Welt die Hoffnung trotz allem entgegenzuhalten.

Gerade die Erfahrung der Auferstehung Jesu nach der Todesfinsternis des Karfreitags hat ja das Christentum und die Kirche ins Leben gerufen und ihnen damit eine Hoffnung geschenkt, die den Apostel Paulus später an die Römer schreiben ließ, dass uns rein gar nichts von der Liebe Christi trennen kann. Die Herausforderung des heutigen Sonntags besteht also darin, in unserem Leben Hoffnungserfahrungen zu entdecken. Was waren also meine persönlichen Hoffnungserfahrungen in der vergangenen Woche, die trotz allem bestätigen, dass Gott ein Gott der Lebenden und nicht der Toten ist?

Am Mittwoch Abend war ich im Krankenhaus, um dort den Gottesdienst zu halten und anschließend einigen Kranken die Kommunion zu bringen. Diese Erfahrung hat mich wirklich berührt: kranke, leidende Menschen, die sich freuen, weil ihnen jemand den Leib Christi bringt – das frohe Aufblitzen in deren Augen war für mich Ausdruck einer großen Hoffnung, die mit Sicherheit stärker ist als der Tod.

Wir sind gerade dabei, ein Musical über die heilige Johanna Franziska von Chantal auf die Beine zu stellen. 50 Frauen und Männer von 7 bis 50 engagieren sich ehrenamtlich und mit Begeisterung für ein Projekt, in der eine Heilige im Mittelpunkt steht, die genau das gelebt hat: auch wenn wir in diesem Leben oft genug mit dem Tod konfrontiert werden, wir brauchen deshalb nicht am Leben verzweifeln, weil Gott uns trägt. In einer Kirche, in der es überall bröckelt, ist es eine sehr hoffnungsvolle Erfahrung, dass immer noch so viele Menschen mit so viel Freude und Begeisterung an einem solchen Projekt mit ihren verschiedenen Talenten mitmachen wollen.

Oder unser Gottesdienst-Team hier im Rosental und ihr Basteln der Adventskalender für die LICHT-Aktion, in der wir mittlerweile schon zehn Jahre lang versuchen, kleine Projekte der Hoffnung zu unterstützen. Begonnen hat diese Aktion mit einem schrecklichen Ereignis. Zwei Jugendliche aus Afrika wollten ihrer Armut entfliehen und versteckten sich im Frachtraum eines Flugzeuges, das nach Europa flog. Als das Flugzeug landete, entdeckte man ihre Leichen. Sie waren erfroren. Bei ihnen fand man einen Brief, in dem sie die Welt baten, ihnen in ihrer Armut und Hoffnungslosigkeit zu helfen. Seit 10 Jahren versuchen wir das mit jenen Möglichkeiten und Kräften, die uns eben zur Verfügung stehen. Auch diese Adventkalender und Blumenkarten, die heute nach dem Gottesdienst zum Verkauf angeboten werden, sind kleine Zeichen der Hoffnung, dass Gott nicht ein Gott der Toten sondern der Lebenden ist. Im kommenden Jahr wollen wir dieses Zeichen der Hoffnung einem Straßenkinderprojekt unserer Ordensgemeinschaft der Oblaten des heiligen Franz von Sales in Brasilien zukommen lassen. Einer unserer Mitbrüder, P. Valdir Formentini, hat dort mittlerweile drei Zentren errichtet, in denen Kinder und Jugendliche von der Straße geholt und schulisch und beruflich ausgebildet werden. Der erste Satz im diesjährigen Adventskalender ist übrigens der Hoffnung gewidmet. Franz von Sales meint: „Begegne dem, was auf die zukommt, nicht mit Furcht, sondern mit Hoffnung.“

Wenn man ein wenig nachdenkt, kann man eigentlich jeden Tag etwas entdecken, dass die Worte Jesu bestätigt, dass Gott nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden ist. Diese Herausforderung der Hoffnung anzunehmen, ist eigentlich unsere tägliche Aufgabe. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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