Predigt zum 25. Sonntag im Jahreskreis - LJ C

Im Kleinen zuverlässig (Lk 16,1-13)

Liebe Schwestern und Brüder,

„Ich hab nicht gestohlen, nicht gelogen, ich bin gut verheiratet und umgebracht habe ich auch niemand .... also, was soll ich da noch beichten?“ - ein Ausspruch, den man gar nicht so selten zu hören bekommt. Auf der einen Seite ist ja das ganz gut, dass nicht jeder von uns ein „Schweres Kaliber mit einer Todsünde“ ist, - Gott sei dank -, andererseits aber müssen wir uns gerade deshalb die Frage gefallen lassen, was denn mit unseren Kleinigkeiten ist, mit unseren Fehlern und Schwächen, die wirklich niemand von uns abstreiten kann, denn den wirklich vollkommenen Menschen, den gibt es noch nicht.

Diese Kleinigkeiten können nämlich ganz schön problematisch werden. So kamen einmal zwei Frauen zu einem Priester. Die eine Frau hatte wirklich einen schweren Brocken geladen und war deshalb auch ganz reumütig und betrübt. Die andere meinte nur, sie habe keine besonderen Sünden, eben: sie hat nicht gestohlen, nicht gelogen, ist gut verheiratet und umgebracht hat sie auch niemanden. Daraufhin befahl der Priester der einen Frau, sie solle hinausgehen und einen riesigen Stein holen, den sie gerade noch tragen kann. Zur anderen aber sagte er, sie solle so viele kleine Steine bringen, wie sie eben tragen kann. Beide Frauen taten auch, wie ihnen aufgetragen, und als sie wieder beim Priester waren, sagte dieser: Also, bringt nun all eure Steine wieder zurück, genau an den Platz, von woher ihr sie genommen habt. Wenn ihr das getan habt, dann sind eure Sünden vergeben. Die eine mit dem großen Stein schaffte das mit Leichtigkeit, die andere aber verzweifelte mit ihren vielen kleinen Steinen. Zu dieser sagte dann der Priester: „Du hast in kleinen Sünden gesündigt, wusstest sie nicht mehr, bereutest sie nicht, gewöhntest dich an ein Leben in Sünde, verurteiltest die Sünden anderer und verstricktest dich immer tiefer in die eigenen. Gerade weil wir keine großen Brocken haben, müssen wir aufpassen, dass wir die Menge der kleinen Steinchen nicht übersehen.“ So gesehen wäre es sogar gut, dass wir endlich wieder einmal einen großen Bock schießen, damit wir nicht unsere kleinen Böcklein übersehen. So gesehen passt hier auch das Wort von Papst Johannes Paul I., dem Papst der 33 Tage, herein, der einer seiner wenigen Generalaudienzen sagte: „Gott lässt manchmal schwere Sünden zu, damit wir die Reue, Buße und Umkehr bei unseren unzähligen kleinen Sünden nicht verlernen.“

Und Franz von Sales sagt in einem ähnlichen Zusammenhang: „Fürchten wir uns nicht vor dem Stich eines Skorpions, der in unseren Breiten kaum vorkommt, achten wir vielmehr auf die Stiche der Gelsen, die uns im Sommer zu tausenden umschwirren.“

Im christlichen Alltag geht es einfach nicht um großartige Ereignisse, die beachtet werden müssen, ob gute oder schlechte, sondern um die kleinen gewöhnlichen, eben alltäglichen Dinge. Mit diesen umzugehen lernen, das ist das Entscheidende. Gute Christen werden wir nicht, indem wir große Schritte nach vorne tun, sondern indem wir viele kleine Schritte machen. Und im heutigen Evangelium haben wir gehört: „Wer im kleinen zuverlässig ist, der ist es auch im Großen. Und wer im Kleinen unzuverlässig ist, der ist es auch im Großen.“

Und darum betet auch der so berühmte Schriftsteller Antoine de Saint-Exupery: „Herr ich bitte dich nicht um Wunder, sondern um die Kraft für den Alltag! Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte.“ Zusammen mit einer Familienrunde, also mit Menschen, die voll im Alltag stehen, versuchte ich Richtlinien zu erstellen, die für ein glückliches Leben im Alltag wichtig sind. Was dabei herausgekommen ist, waren eigentlich nur Kleinigkeiten, die aber für das Zusammenleben unter Menschen ungeheuer wichtig sind. Niemand von denen sagte, man soll nicht stehlen, nicht lügen, nicht ehebrechen, nicht umbringen, sondern wichtig ist:

- sich auch für Kleinigkeiten bedanken - sich für die Arbeit des anderen interessieren - in der Frühe ein freundliches Gesicht machen - dem anderen zuhören und ihn ausreden lassen - den anderen täglich so annehmen, wie er ist - immer wieder kleine Freuden bereiten - für gute Stimmung in sich selbst sorgen - Zeit schenken - nach jeder Auseinandersetzung, sei sie auch noch so unbedeutend gewesen, miteinander reden und verzeihen - über niemanden abfällig reden, schon gar nicht, wenn dieser nicht anwesend ist.

Und für den Alltag auch sehr wichtig und kaum richtig beachtet, weshalb wahrscheinlich auch Jesus so stark dafür eingetreten ist, ist der richtige Umgang mit den vielen kleinen Geldstücken, die immer wieder Anlass für Streit und Ungerechtigkeiten geben. Der Mammon, so notwendig er auch sein mag, er ist gerade für das Christsein im Alltag gefährlich und das hämmert uns auch Jesus immer wieder ein.

Also: Gott verlangt von uns Christen keine Sensationen, keine Rekorde im Gutsein, was er aber verlangt ist, dass wir im Kleinen rekordverdächtig und sensationell gut sind. Und der hl. Franz von Sales formuliert dies ganz gut: „Entscheidend ist nicht, dass wir Außergewöhnliches tun, sondern dass wir das Gewöhnliche außergewöhnlich gut tun.“ Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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