PREDIGT zum 17. So.i.Jk - LJ B

"Das Brotwunder" (Joh 6,1-15)

Liebe Schwestern und Brüder,

das, was Jesus mit dem Wunder der Brotvermehrung erreichen wollte, hat er nicht geschafft. Deshalb heißt es am Schluss dieser Geschichte auch: „Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.“

Selbstverständlich war das eine Sensation: zwei Fische und fünf Brote, ein kurzer Blick zum Himmel und 5000 Männer werden davon nicht nur satt, es bleibt auch noch eine ganze Menge über. Klarerweise will man einen Menschen, der so etwas fertig bringt, politisch gesehen ganz oben haben, aber genau darum ging es Jesus nicht, damals nicht – und auch heute nicht, wenn er das Brotwunder geschehen lässt, nämlich bei jeder Heilige Messe.

Es gibt Menschen, die aus Hunger jeden Tag sogar öfters in die Kirche gehen, weil die Hostie das einzige Lebensmittel ist, das sie bekommen können. Unsere Sehnsucht nach dem Messbesuch ist sicher nicht so groß – und da schließe ich mich gar nicht aus. Auch ein Pfarrer hat manchmal keine Lust, in die Kirche zu gehen, aber er muss, weil er eben der Pfarrer ist. Wenn wir allerdings den Messbesuch davon abhängig machen, ob es uns gerade Spaß macht oder nicht, dann habe wir genauso wenig verstanden, was Jesus Christus mit seinem Brotwunder wollte. Es ging ihm eben nicht darum zu beweisen, dass er fähig ist, das Problem des Welthungers zu lösen, an dem jede Stunde ca. 500 Kinder sterben. Es ging ihm um ein Zeichen, nämlich dass er Gott ist, das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, das Brot des Lebens. Jesus ist Gott, der für die Menschen da ist, um ihnen das Leben in Fülle zu geben. Und nirgends sonst können wir Jesus Christus in dieser intensiven Weise begegnen als im Sakrament der Eucharistie, bei der Heilige Messe, wo Brot und Wein zu seinem Leib und Blut umgewandelt werden. Ich kann mich eigentlich nur wundern, dass es tatsächlich Menschen gibt, die sich dieses Wunder, dieses Erlebnis der Gottesbegegnung freiwillig entgehen lassen.

Der heilige Franz von Sales hat die Botschaft Jesu begriffen. Er sagt: „Die Messe ist die Sonne der geistlichen Übungen, der Mittelpunkt und das Herzstück der christlichen Religion. Sie ist ein unfassbares Geheimnis, das den Abgrund der göttlichen Liebe umfasst, mit der Gott den Menschen liebt. In diesem Sakrament der Eucharistie, liegt eine unsagbare Kraft, mit der wir beschenkt werden, wenn wir die Kommunion empfangen.“

So gesehen ist das Sonntagsgebot – dieses in die Kirchen gehen müssen – eigentlich ein Armutszeugnis für die Menschen. Aber die Tatsache ist nicht neu, dass der Mensch oft genug zu seinem Glück gezwungen werden muss. Selbst Jesus musste mit dieser Tatsache leben lernen – vielleicht hat er darüber nachgedacht, als er sich auf den Berg zurückzog und allein sein wollte. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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