PREDIGT zum 13. Sonntag i. Jk. - LJ B

"Talita kum – Steh auf" (Mk 5,21-24.35b-43)

Liebe Schwestern und Brüder,

1999 gewann der amerikanische Radrennfahrer Lance Armstrong die Tour de France, im Radsport auch bekannt unter dem Namen Tour der Leiden, die wirklich nur die besten, stärksten und ausdauerndsten bestehen können. Es war ein beispielloses Comeback des Amerikaners, da er einige Zeit davor mit einem ganz anderen Leiden zu tun hatte. Gerade als sein Aufstieg im Radsport begann diagnostizierte man bei ihm Krebs, Metastasen in der Lunge, zwei Tumore im Gehirn, Lebenschance nahezu keine. Bevor die Chemotherapie begann meinte ein Arzt zu ihm: „Wenn Sie hier rauskommen, werden sie nur noch kriechen können.“

Armstrong ließ sich jedoch nicht entmutigen. Er beschloss trotz allem nicht aufzugeben, sondern zu kämpfen. Er begann seine Tour des Lebens und gewann am Ende dieser Tour das schwierigste Radrennen der Welt. Lance Armstrong gewann als erster dieses spektakulärste Radrennen der Welt sieben Mal.

Dieses Beispiel ist sicher ganz besonders außergewöhnlich, man kann sehr wohl von einem Wunder sprechen. Aber auch im ganz gewöhnlichen Leben kann es schon mal drunter und drüber gehen wie auf einer Achterbahn. Auf der Tour des Lebens geht es auf und ab, und manchmal ist es eben auch eine Tour der Leiden.

Mir selbst zum Beispiel ist es vor zwei Wochen passiert, dass ich innerhalb weniger Tage in meiner Familie mit dem Leben und dem Tod konfrontiert wurde. Ich fuhr nach Hause, um die Hochzeit meiner Schwester zu halten, Zuhause stand ich allerdings dann zuerst am Totenbett des Vaters meiner Schwägerin, der über Nacht plötzlich gestorben war. Und nach der Beerdigung sagte mir meine Schwägerin, dass sie ihr drittes Kind erwarte. So ist das Leben manchmal – ein Wechselbad der Gefühle: Freude und Leid ganz nah beieinander, Hoffnungen und Ängste, Sonne und Sturm.

Was sagt uns in solchen Situationen unser Glaube? Jedenfalls nicht das, was der Arzt dem Radrennfahrer sagte: „Wenn sie hier rauskommen, werden sie nur noch kriechen können.“ Jesus findet im heutigen Evangelium andere Worte, es sind ganz zentrale Worte für das Leben. Das erste Wort heißt: „Sei ohne Furcht, glaube nur!“ Alles wird gut und ist die Situation noch so aussichtslos. Und das zweite Wort Jesu lautet: „Talita kum!“ – „Steh auf und Lebe!“ Gib nicht auf, verliere nicht den Lebensmut.

Unser Glaube ist ein Glaube der Auferstehung und des Lebens. Er steht für Hoffnung und Lebensmut, sogar im Angesicht des Todes und über den Tod hinaus. Christen ergeben sich nicht ihrem Schicksal wie die Hindus, die Armut, Leid und Tod akzeptieren, ohne dagegen etwas zu unternehmen, Christen handeln anders: Sie stehen auf und leben, weil sie wissen, dass Gott ein Gott des Lebens ist, der möchte, dass wir das Leben haben und es in Fülle haben.

Wichtig ist natürlich, dass wir den Blick auf diesen Gott des Lebens nicht verlieren. So wie es auch der hl. Franz von Sales formuliert:

„Mag alles um uns herum dauernd sich ändern, wir müssen unveränderlich fest dabei bleiben, stets auf Gott hin zu schauen, zu streben und zu arbeiten.“ schreibt er. Und dann kann uns eigentlich nichts mehr passieren. „Mag nicht nur um uns herum, sondern auch in uns alles drunter und drüber gehen, mag unsere Seele traurig oder vergnügt und fröhlich, verbittert und unruhig oder friedlich, im Licht oder in der Finsternis sein, mag sie ruhig und voll Freude oder voll Ekel sein, in Trockenheit oder Seligkeit, mag die Sonne sie versengen oder der Tau sie erfrischen: immer soll unser Herz, unser Geist und unser Wille unablässig auf die Gottesliebe als ihr einziges und höchstes Gut schauen und ausgerichtet sein,“ dann werden wir auf der Tour des Lebens sicher ans Ziel kommen. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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