Theotimus für die Seelsorge

Die AG „Salesianische Spiritualität“ befasste sich mit einer praktischen Umsetzung der Impulse aus der „Abhandlung über die Gottesliebe“

Der zweibändige Theotimus, der auch den Titel „Abhandlung über die Gottesliebe“ trägt, wirkt von dieser Bezeichnung her tatsächlich wie ein hochtheologisches trockenes Werk. Dass er aber in Wirklichkeit ganz hervorragende Anregungen für den Glauben und die Seelsorge heute liefert, machte die Tagung der AG „Salesianische Spiritualität“  deutlich, die am 12. und 13. Februar 2016 im Salesianum Eichstätt stattfand. Damit trug sie auch der neuen Ausrichtung der Arbeitsgemeinschaft Rechnung, die sich seit dem vergangenen Jahr nicht mehr „AG Salesianische Studien“, sondern „AG Salesianische Spiritualität“ nennt und damit über den wissenschaftlichen Zugang zu Franz von Sales hinaus auch den Austausch über praktische und persönliche Erfahrungen mit den Glaubensimpulsen des Heiligen fördern will.

Unterschiedliche Zugänge

So kamen ganz unterschiedliche Zugänge zum Theotimus zur Sprache, die zum einen zum Denken und Nachdenken anregten, dann aber auch zur praktischen Seelsorge animierten.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft P. Johannes Haas OSFS referierte zu Beginn einen Text des Eichstätter Dogmatikers Prof. Manfred Gerwing zur Gottesliebe, angelehnt an den Ansatz des tschechischen Priesters und Psychologen Thomas Halik. Gerwing machte deutlich, dass für viele Menschen heute Gotteserfahrung in erster Linie die Erfahrung der Abwesenheit Gottes ist. Tatsächlich zeigt sich Gott verborgen, erfahrbar ist er durch die Liebe, indem der Mensch Gott den ersten Platz gibt. Das allerdings bedeutet nicht, die Welt zu verachten, sondern die Welt in der Verbundenheit mit Gott zu lieben.
P. Alois Bachinger OSFS sprach über die Schönheit in der Theologie des Heiligen und regte dazu an, das Gute und Anziehende der Gottesbeziehung tiefer zu bedenken – getreu dem Grundsatz: „Bei unserem Glauben geht es nicht um das ‚Du sollst‘, sondern um das ‚Schau auf Gott und antworte.‘“
Dr. Thomas Günther aus Paderborn dachte über die Auseinandersetzung mit dem Willen Gottes im Theotimus nach. Dabei machte er deutlich, dass dieser göttliche Wille neben den Anordnungen aus der Offenbarung in der Erkenntnis des Sinnvollen zu erkennen ist. Darüber hinaus rät Franz von Sales dazu, kleine Entscheidungen deutlich von den großen und wichtigen zu unterscheiden, um sich so nicht bei unwichtigen Fragen allzu lange aufzuhalten.

Publikationen und Pastoral

Wie sich Autoren der salesianischen Zeitschriften „LICHT“ und „Thaddäusbote“ dem Thema „Theotimus“ annähern, zeigten LICHT-Mitarbeiter Diakon Raymund Fobes und Saskia M. Greber, Autorin bei dem  von den Schweizer Sales-Oblaten herausgegebenen Thaddäusboten.
Abschließend näherte sich der Vorsitzende der AG P. Johannes Haas dem Theotimus durch die Vorstellung eines Gottesdienstmodells für Kinder über die Gottesliebe. Dort stand ein Schneemann im Mittelpunkt, der während des Gottesdienstes zu schmelzen begann und dann den Platz frei machte für Frühlingsblumen – eine Analogie für die salesianische Weisheit, dass durch Wärme und Liebe Herzenskälte abgebaut werden kann und so Leben in Fülle entsteht.

Gottesliebe bei Angelus Silesius

Im Rahmen der Tagung fand in der Kapelle des Salesianums auch ein Vortrag des Schriftstellers Josef Dirnbeck statt, der der Salesianischen Spiritualität seit langem verbunden ist. Er befasste sich mit dem bekannten Kirchenlied von Angelus Silesius „Ich will dich lieben, meine Stärke“, das übrigens sowohl im evangelischen wie auch katholischen Raum gern gesungen wird. In seinem genauso tiefgehenden wie kurzweiligen Vortrag machte Dirnbeck deutlich, wie sehr die Gottesliebe Verkrustungen löst und neues erfüllteres Leben ermöglicht.

Raymund Fobes

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