Salesianische Zweimonatsschrift "Licht"
Mai / Juni 2007

 

Mit Gott von Herz zu Herz
P. Peter Lüftenegger OSFS


Das „HERZ“, dieses Wunderding, hat es nicht leicht in dieser Welt. Und doch: Es hat alle Verheißungen. Gemeint ist das geistige Herz, aus dem die Liebe kommt und mit ihr zusammen genannt wird. Wenn sie aus dem Herzen kommt, dann muss sie da auch wohnen – die Liebe.

Es muss so sein, sonst könnte Gott, der ganz Liebe ist, nicht nach unserem Herzen Verlangen haben.

Das Hauptgebot als Überschrift unserer Religion weist darauf hin: „Du sollt den Herrn, deinen Gott lieben aus ganzem Herzen, in Gedanken und Gemüt, mit aller Kraft – und den Nächsten liebe wie dich selbst.“ So ergibt es in zwei Sätzen das kürzeste und vollkommenste Gesetzbuch der Welt: „Liebe!“ „Liebe Gott und den Nächsten – dann tue, was immer du willst“, sagt Augustinus.

Was hat das „Herz“ denn schon so Besonderes, dass es so ausgezeichnet wird?

Es ist ein Symbol für etwas sehr Hohes und Tiefes, und zwar kein künstliches, bloß erdachtes, sondern ein natürliches – das man zwar nicht mit den Augen sieht, das aber jeder hat, der auf der Welt herum läuft – das der Mensch in seiner Brust trägt, das Blut umtreibt und uns am Leben erhält.  Mit Leib und Seele sind wir bestimmt zur Auferstehung und zum ewigen Leben – das ja nur in Gott sein kann. Darum kann und soll sich unser Herz zu dem Seinen finden. Da ist das wahre Daheim, die ewige Bleibe. Liebe, Freude, Friede sind unbegrenzt.
Saint-Exupèry sagt: „Man sieht nur mit dem Herzen gut; das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar.“
Das „Herz“ ist der Sitz fürs Erkennen und Lieben – fürs Einwohnen Gottes erschaffen und geeignet. Etwas Unaussprechliches, an das wir uns da vergeblich herantasten würden, wenn es uns nicht geoffenbart wäre, eben im Hauptgebot.

Es kommt die „barmherzige Liebe“ in Gottes Menschwerdung aus der Höhe auf die Erde herab, um uns das Mysterium, das GOTT ist, vor Augen zu führen (vgl Lk 1,78).
Sonst hätten wir keinen Anhaltspunkt, zu wem wir vertrauend beten könnten – von Herz zu Herz. Weil Gott so groß ist, bleibt es immer ein „Geheimnis des Glaubens“, aber ein zugängliches. Gott ist unteilbar, aber mitteilbar – durch das WORT. Dieses wird im „ewig offenen hohen Herzen Gottes“ als Gleichbild seines Wesens geboren und uns gesandt.
Im Gottmenschen, im Sohn des Vaters und der Jungfrau, begegnet uns Gott als Unsereiner. Wir können Ihn sehen, hören und verstehen – verstehen mit vertrauendem Herzen. Darum kann ich auch zu Ihm beten, das Herz hingeben. Er hat uns zuerst geliebt. Das ist unser Glaube, dem hoffnungsvoll die Liebe folgt. Wir beten: „Herz Jesu, mit dem Wort Gottes wesenhaft vereint, erbarme dich unser!“

Etwas Verborgenes, Geheimnisvolles an sich ist das Mysterium „HERZ“.

Das Lieben der göttlichen Personen entfacht Feuerflammen – allmächtige Liebe, die sich opfert, die den Tod tötet, alles Unreine verbrennt und die Heiligkeit erweckt. Was ist ein Hochofen dagegen? Die Liebe kommt aus dem „ewig offenen, hohen Herzen des Vaters“, der von unendlicher Majestät und doch ganz Güte ist – ein unendlich liebenswürdiges Gut.
Sein Gesandter, der Sohn, hat nicht den Namen eines Löwen, sondern des Lammes. Sein Geist gleicht der Taube und nicht einem Raubvogel. Das Gebet wird von dem Magneten der Liebenswürdigkeit hervorgelockt und diese von der Vollkommenheit – transzendent durch die Güte, die Wahrheit und die Schönheit.
Beten ist ein Bedürfnis unseres Herzens. Die göttliche Liebe erhebt und vergöttlicht die unsterbliche Seele. Ihre Gottebenbildlichkeit ist der Rahmen, Gottes Wesen der Inhalt. Die Gottseligkeit, das Verlangen zu beten, ergibt sich daraus von selbst. „Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm! Stark wie der Tod ist die Liebe, die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt. Ihre Gluten sind Feuergluten, gewaltige Flammen“ so sagt es das Hohelied. „HERZ“ ist Trumpf schon im Alten Bund, umso mehr im Neuen. Jesus sehen wir mit geöffneter Seite am Kreuz erhöht verbluten - ein Bild, wer kann es deuten? 

Vom Herzen Jesu zu meinem geht der Lichtstrahl, der mich aufweckt, reinigt und ihm einigt, immer über Maria, die bei Ihm ist.

Sie ist das Medium, der Weg vom und zum Herzen Gottes. Das Unfassbare wird so fassbar, ertragbar, bekömmlich. Damit Liebenswürdigkeit, uns angemessene Hilfe und Trost geschützt, offen und erhalten bleiben, breitet sich ihr Schutzmantel über uns. Sie ist dafür aus Gottes Herzen genommen wie Eva aus Adam: Sie die zweite Eva, Er der zweite Adam - lebendigmachender Geist (1Kor 15,45). So können wir es glauben: Gott ist herzlich, sanft, treu und mächtig. Das Gebet - als WORT und Antwort von HERZ zu Herz - kommt auf in liebender Unterhaltung. Göttliches Leben erblüht im Gebet.

P. Peter Lüftenegger ist Oblate des hl. Franz von Sales und arbeitet als Seelsorger  in der Pfarrei Franz von Sales in Wien, Österreich

 

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