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PREDIGT zum Fest des hl. Franz von Sales

"Die salesianische Konsequenz" (Mk 1,14-20)

Liebe Schwestern und Brüder,

der hl. Franz von Sales hat in seinem Leben ungefähr 20.000 Briefe geschrieben, also pro Tag nicht ganz zwei Briefe. Nicht zuletzt deshalb ist der Bischof und Kirchenlehrer 1923 zum Patron der Schriftsteller und Journalisten ernannt worden.

Zur Vorbereitung auf diese Predigt wollte ich wissen, was denn Franz von Sales genau vor 400 Jahren, also im Jahr 1600, geschrieben hat. Was ich nun herausfand war, dass uns aus diesem Jahr nur ganze zwei Briefe bekannt sind, und auch sonst gibt es aus diesem Jahr keine schriftlichen Zeugnisse, keine Predigten, keine Flugschriften, keine Abhandlungen, nichts. Franz von Sales scheint also 1600 tatsächlich eine Kreativitätskrise gehabt zu haben. Wir brauchen nicht zu meinen, dass früher alles besser war. Nicht vor 10 Jahren oder 100 und auch nicht vor 400 Jahren. Wie sah die Welt des Jahres 1600 aus, in der Franz von Sales, gerade mal 33 Jahre alt, lebte? Sein Land Savoyen wurde wieder einmal von einem Krieg heimgesucht. Sein Herzog versuchte seine Macht auszubauen und kämpfte praktisch gegen den Rest der Welt. Diese Welt: Frankreich, Bern, Genf zahlten es ihm heim, indem sie Teile seines Herzogtums verwüsteten. Die Bevölkerung hatte nichts davon außer Armut, Hungersnot und Pest. So mancher Scheiterhaufen wurde entzündet, um Feinde des Glaubens, Hexen und Dämonen zu verbrennen. Das war damals eine weit verbreitete Methode, um Probleme zu lösen und seine Meinung durchzusetzen. Schuldige wurden gesucht und - wie immer - in den Unschuldigsten gefunden, weil gerade die sich nicht wehren konnten. Die hohe Diplomatie an den Königshöfen und Bischofssitzen blieb davon ungerührt. Sie spielten weiterhin Schicksal und nannten es Kampf um die Einheit und Wahrheit des Glaubens, was in Wirklichkeit Kampf um Macht und Geld bedeutete. Erst 1601 wird es wieder zu einem Friedenschluss kommen, nachdem Frankreich, Bern und Genf genug von Savoyen zerstört hatten, so dass der Herzog klein beigeben musste.

So sah also die Zeit des 33-jährigen Franz von Sales aus, zwei Jahre bevor er Bischof von Genf werden sollte und am Ende seiner erfolgreichen Mission, in der er mit Liebe und nicht mit Gewalt eine ganze Region zum katholischen Glauben zurückgewinnen konnte. Franz sah diese Arbeit durch die Politik des Krieges schwerstens gefährdet, den Mächtigen jedoch, die sich vom Papst gerne mit dem Titel „Verteidiger des Glaubens“ ehren ließen, war dieses Argument kein Anlass, die Waffen schweigen zu lassen.

In den beiden Briefen aus dem Jahre 1600 berichtet er dann auch von den zahllosen Schwierigkeiten und Hindernissen, die ihm von höchster Stelle in den Weg gelegt wurden, um sein Werk im Dienste Gottes fortsetzen zu können. Franz von Sales wirkte in diesen Briefen tatsächlich resigniert und enttäuscht. Vom Lehrer der Frohen Gottesliebe, der sich mit Optimismus und Freude in der Hand Gottes weiß, ist in diesem Jahr nicht viel zu spüren. Aber EINE Einsicht ist dennoch da: „Wenn das schwierige und mühevolle Werk nicht von Gott käme,“ so lesen wir in seinem Brief an Kardinal Baronius, „so wäre es schon längst gescheitert.“

Im heutigen Evangelium beruft Jesus seine Jünger zur Arbeit im Reich Gottes. Mich erstaunt es immer wieder von neuem, wie selbstverständlich die Apostel alles liegen und stehen lassen und Jesus nachfolgen. Noch erstaunlicher war es dann, dass diese Apostel bei Jesus blieben, auch als er ihnen sagte, dass es bei ihm nichts zu holen gibt: weder Macht noch Ansehen, noch Reichtum oder ein bequemes Leben. Der Größte unter euch soll der Diener aller sein, sagte er viel mehr. Wenn ihr an meiner Seite im Himmel sitzen wollt, dann müsst ihr bereit sein, den Kelch des Leidens zu trinken. Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Es hat schon einige Zeit gedauert, bis die Apostel, die da anfangs so schnell die Netze hinwarfen und bereit waren für Jesus Menschenfischer zu werden, das begriffen haben, dass es im Reich Gottes anders läuft als in den Reichen dieser Welt, egal ob Simon oder Andreas, Jakobus oder Johannes. Als es brenzlig wurde, blamierte sich der eine, in dem er das Schwert zog, und die anderen machten sich aus dem Staub, außer natürlich Johannes. Alle kamen sie aber wieder zurück, weil sie erkannten, dass es hier um das Werk Gottes geht, das trotz aller Schwierigkeiten, trotz aller Kreuze, trotz aller Hindernisse nicht scheitern wird. Und als sie noch mit Heiligem Geist beschenkt wurden, waren die Apostel nicht mehr zu bremsen. Sie begannen wie Jesus das Evangelium zu verkünden, ohne Rücksicht auf das eigene Ansehen, den persönlichen Erfolg oder das private Wohlergehen. „Nichts kann uns von der Liebe Christi trennen“, sagten sie jetzt, „weder Angst noch Leid, weder Leben noch Tod. Wir sind fest gegründet in Jesus Christus.“

Auch Franz von Sales musste wie die Apostel lernen, dass sich die Gesetze der Welt sehr oft von den Gesetzen Gottes unterscheiden, dass aber letztendlich Gott es ist, mit dem wir alle Hindernisse und Schwierigkeiten überwinden. Vielleicht war es genau das so schwierige, kriegerische Jahr 1600, in dem Franz von Sales in sich ging und eben das begriff, was er Jahre später, nämlich am 7. Jänner 1614 an Madame d’Escrilles schrieb:

„Sich Gott anvertrauen, wenn es einem gut geht, das kann beinahe ein jeder; sich ihm aber hinzugeben inmitten von Stürmen und Gewittern, das ist schon schwieriger. Ich wiederhole also, Sie müssen sich Gott ganz überlassen. Wenn sie das tun, glauben sie mir, werden sie überaus erstaunt sein, eines Tages all diese Schreckgespenster vor ihren Augen entschwinden zu sehen, die Sie jetzt beunruhigen.“

Was hat das alles mit uns zu tun? Mit den Menschen des Jahres 2000? Unsere heutigen Schreckgespenster unterscheiden sich nicht sehr von denen des Jahres 1600, und auch nicht von denen der Bibel. Das politische Spiel um Macht und Geld ist geblieben, ebenso das Leiden und der Hunger der Kleinen. Noch immer wird im Namen des Glaubens eigenes Machtinteresse verfolgt, und noch immer glauben wir, mit den Waffen der Gewalt mehr erreichen zu können, als mit den Waffen der Liebe. Geblieben ist aber genauso die salesianische Konsequenz als Antwort auf all das, der Entschluss des hl. Franz von Sales, trotz allem eben nicht zu resignieren, sondern am Werk des Reiches Gottes weiterzuarbeiten, und zwar so, wie es von Jesus Christus vorgelebt wurde, der uns in dieses Reich Gottes ruft, im Wissen, dass der Auftrag dazu von Gott kommt; denn wäre es nicht so, wäre dieses mühevolle Werk bereits gescheitert. Die salesianische Konsequenz im Angesicht der Schreckgespenste, egal ob 1600 oder 2000, heißt Begeisterung trotz allem, Optimismus trotz allem und das wissen, in Gott geboren zu sein - trotz allem, heute und alle Tage unseres Lebens. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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