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Franz von Sales: Krise und Anfang

Liebe Schwestern und Brüder,

es begann 1963 mit der Kubakrise. Seither ist das Wort Krise nicht mehr aus unserem politischen Sprachgebrauch wegzudenken. Denken wir nur an die vielen Krisenherde, die seither die Welt erschütterten und in Atem hielten: Vietnam, Kambodscha, Indien, Afghanistan, Iran-Irak, Israel, Libanon, die afrikanischen Krisenregionen, wie Westsahara, Sudan, Äthiopien, Uganda, Namibia, Südafrika, in Mittel- und Südamerika: Haiti, Nicaragua, El-Salvador, Panama, Brasilien, Argentinien, Chile und so weiter und so weiter ...

Daneben erlebten wir verschiedene wirtschaftliche Krisen: die Ölkrise, die ansteigende Arbeitslosigkeit, der Börsenkrach, die Dollarkrise, die verschiedenen Krisen im Zusammenhang mit dem Umweltschutz: von Atomkraftwerken bis hin zum Robbensterben. Man redet heute aber nicht nur im Bereich der Wirtschaft oder der Politik von Krisen, sondern auch auf dem vielfältigen Gebiet des Menschlichen Zusammenlebens:

Die Krise der Ehe: jede dritte Ehe wird heute geschieden. Die Krise der Generationen: jung und alt verstehen sich schlechter denn je. Die Krise der Nachbarschaft: die Einsamkeit breitet sich unter den Menschen aus, weil man sich selbst der nächste ist. Die Krise der Gesundheit: trotz einer hochtechnisierten Medizin ist man gegen Krankheiten wie Aids machtlos. Die Krise des Straßenverkehrs: Tausende Menschen sterben jährlich auf den Straßen. Die Krise der Jugend: Zukunftsangst und Agonie treiben Jugendliche an den Rand der Gesellschaft. Die Krise des Lebens: Millionen Kinder werden jährlich abgetrieben. Die Sinnkrise: Gerade die reichen Länder Europas stehen mit ihrer Selbstmordstatistik an der Spitze. Die Glaubenskrise: Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus, aber auch innerhalb der Kirche stehen Streit und Konflikte an der Tagesordnung.

Diese Liste könnte beliebig fortgesetzt werden mit Themen wie Hunger, Ungerechtigkeit, Kriminalstatistik, Katastrophen ... Krise ist zu einem Schlagwort unserer Zeit geworden. Krisen füllen die Zeitungen, Krisen sind die Themen der Radio- und Fernsehnachrichten. Angesichts dieser Umstände könnte man tatsächlich verzweifeln, wenn es nicht dieses eine Fünkchen Hoffnung geben würde, das jedem Christen und damit jedem von uns von Gott ins Herz gelegt ist.

Krise ist ein Wort, das aus dem Griechischen kommt. Übersetzt bedeutet dieses Wort nicht etwa Katastrophe oder Weltuntergangsstimmung, nein krisis bedeutet Entscheidung. Überall dort wo eine Krise da ist, hat der Mensch zwei Möglichkeiten zu handeln und für eine Möglichkeit muss er sich entscheiden, für die positive oder negative.

Am 24. Jänner gedenkt die Kirche des hl. Franz von Sales, eines Heiligen, der gerade heute in einer Zeit der Krisen Zukunft hat, weil auch sein Leben entscheidend von einer Krise geprägt wurde. Wir nennen sie heute die „Krise von Paris“. Im Jahre 1587 kommt der 20jährige Sohn eines Adeligen aus Savoyen in die Weltstadt Paris, um dort nach dem Willen seines Vaters Rechtswissenschaften und nach seinem Willen Theologie zu studieren. In dieser Metropole des Weltgeschehens wird der junge Franz zwischen zwei damals vorherrschenden Geistesströmungen eingezwängt, die sich beide mit der Frage der Rechtfertigung beschäftigen: Hat der Mensch vor Gott die Möglichkeit sein Schicksal selbst zu beeinflussen, oder hat Gott alles vorherbestimmt, so dass es egal ist, wie man lebt oder was man tut. Gott hat dich für die Hölle und dich für den Himmel bestimmt. Franz wollte von frühester Jugend an eine Heiliger werden. Dafür betete er sogar eine Zeitlang mit schiefer Kopfhaltung, weil er diese Art bei ganz besonders frommen Menschen beobachtet hat. In Paris musste er aber feststellen, dass Frömmigkeit und Heiligkeit gar nicht so einfach zu erreichen sind. Mitten in diesen unheiligen Einflüssen einer Weltstadt erlebt er an sich selbst seine eigene Unzulänglichkeit, seine Schwächen und seine Hilflosigkeit und in ihm setzte sich mehr und mehr der Gedanke fest, dass Gott jeden Menschen vorherbestimmt hat und er selbst sei von Gott für die Hölle bestimmt und er hat keine Chance sich vor Gott rechtzufertigen. Dieser Gedanke setzte sich derart stark in seinem Bewusstsein fest, dass er in eine unabwendbare Krise stürzte, eine Krise, die sich dermaßen gewaltig an ihn anklammerte, dass sie sich sogar körperlich auswirkte. Er wurde schwer krank.

Am Höhepunkt seiner Krankheit schleppte er sich anfang 1588 in eine nahegelegene Kirche, um dort zu beten. Und was er damals betete wurde für ihn der Anfang eines neuen Lebens, die Basis für all sein späteres Tun. Er betete damals: „Was auch immer geschehen mag, mein Gott, du hältst alles in deiner Hand. Alle deine Wege sind Gerechtigkeit und Wahrheit. Was immer du beschlossen haben magst im ewigen Ratschluss deiner Vorherbestimmung: deine Ratschlüsse sind unerforschliche Abgründe. Du bist ein allzeit gerechter Richter und barmherziger Vater. Darum will ich dich lieben, Herr, wenigstens in diesem Leben. Ja, dir soll meine Liebe wenigstens für die Dauer dieses kurzen Erdendaseins geweiht sein, wenn es schon nicht im Ewigen Leben geschehen kann. Und wenn ich zur Hölle verurteilt werden soll, weil ich es so verdient habe, dann lass mich nicht zu jenen gehören, die Deinem Namen fluchen.“

Franz hat seine Entscheidung getroffen: Es ist egal, was mit mir geschieht, denn Du Gott bist gerecht und barmherzig, das einzige, das ich mir wünsche ist, dass ich dich Gott, immer liebe. In dieser Stunde endet seine Krise, in dieser Stunde wurde Franz wieder gesund und in dieser Stunde wurde jene salesianische Grundhaltung geboren, die bis heute in jenen Menschen weiterlebt, die der Spiritualität des hl. Franz von Sales verbunden sind: der salesianische Optimismus. Ich vertraue auf Gott, ich gebe mich ihm mit ganzem Herzen hin, nicht mein Wille sondern der Wille Gottes geschehe und es wird alles gut werden.

Heute wird unsere Welt von Krisen geschüttelt. Gut, dass es da einen hl. Franz von Sales gibt, der uns sagt: Vertraut auf Gott, vertraut auf die Hoffnung, die er uns durch Kreuz und Auferstehung seines Sohnes gegeben hat, lasst dem Willen Gottes und nicht eurem eigenen Willen freien Lauf, und alles, was geschieht, hat seinen Sinn, und alles wird wieder gut. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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