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Lexikon: Predigten :: Sonntage in der Osterzeit :: 6 Sonntag in der Osterzeit - LJ A

PREDIGT zum 6. Sonntag in der Osterzeit - LJ A

"Gott lässt uns nicht allein" (Joh 14,15-21)

Liebe Schwestern und Brüder,

natürlich, im Leben gibt es immer wieder einmal Situationen, wo man sich allein gelassen fühlt – von den Menschen um uns genauso wie von Gott. Mit Gott kommt das vielleicht sogar noch viel öfter vor, jedenfalls vom Gefühl her. Gerade dann, wenn man ihn am dringendsten brauchen könnte, ist er nicht da …

Wahrscheinlich sind solche konkreten Lebens-Erfahrungen auch der Grund, warum sich so viele Menschen von dieser berühmten Geschichte von den „Fußspuren im Sand“ angesprochen fühlen. In dieser Geschichte wird ein Traum erzählt: Ein Mensch geht mit Gott am Strand entlang. Und irgendwann schaut er zurück auf die Fußabdrücke seiner Vergangenheit und erkennt: Genau dort, wo es mir in meinem Leben schlecht gegangen ist, wo ich die Hilfe und Begleitung Gottes am nötigsten gebraucht hätte, genau dort ist die zweite Fußspur verschwunden. Die Überraschung ist groß, wenn in dieser Geschichte Gott Einspruch erhebt und darauf hinweist, dass er den Menschen in dieser Situation gar nicht verlassen, sondern das genaue Gegenteil getan hat: Immer dann, wenn es dem Menschen schlecht ging, hat er ihn in die Arme genommen und getragen. Die eine Spur am Strand ist also nicht die des Menschen, sondern die Fußspur Gottes.

Der heilige Franz von Sales bringt diese Geschichte auf den Punkt, wenn er uns versichert: „Die Starken führt Gott an der Hand. Die Schwachen nimmt er in seine Arme“. Und das heutige Evangelium möchte uns ebenso genau das bewusst machen: Egal, was du denkst, wie du fühlst, was du glaubst: Gott verlässt den Menschen nicht, nicht eine Sekunde seines Lebens. Wörtlich versichert Jesus seinen Jüngern im heutigen Evangelium: „Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich werde euch einen Beistand senden, den Heiligen Geist, der für immer bei euch bleiben soll.“ Das ist die Zusage Gottes an uns Menschen: Der Heilige Geist ist der Garant der ständigen Gegenwart Gottes in unserer Welt. Diese Geistsendung werden wir in zwei Wochen am Pfingstfest feiern – es erinnert uns jedes Jahr daran, dass Gott diese Welt nicht im Stich lässt, egal was geschieht, sondern sie mit seinem Geist erfüllt.

Manchmal ist das ja auch ganz leicht zu glauben. Dann nämlich, wenn diese Gegenwart für uns spürbar, ja fast greifbar ist, in den glücklichen Stunden, wenn wir uns rundum wohl fühlen, auch dabei auch den Mut haben zu sagen: Danke Gott, für diesen schönen Augenblick, den du mir da geschenkt hast. Biblisch bezeichnet man solche Momente „Taborstunden“, also das, was die Jünger auf dem Berg der Verklärung erlebten. Petrus ist von diesem Glücksgefühl so fasziniert, dass er diesen Augenblick für immer festhalten will. Doch Jesus holt ihn auf den Boden der Wirklichkeit zurück … wir müssen vom Berg herunter. Die wahre Herausforderung des Glaubens ist nicht der Tabor, sondern der Kreuzweg. Dort wird uns die Frage gestellt: Glaubst du, dass Gott auch dann bei dir ist, wenn du dein Kreuz zu tragen hast?

Genau das sind die echten Herausforderungen des Glaubens: an der Gegenwart Gottes festhalten, auch wenn ich mich von ihm total verlassen fühle. Trotzdem vertrauen, weil Gott uns eben versprochen hat, dass er uns nicht allein lässt, sondern den Heiligen Geist schenkt, der immer bei uns ist, egal, was passiert. Trotzdem glauben, dass Gott sein Versprechen hält, auch wenn alles dagegen spricht. Und zu diesem Glauben komme ich nicht durch meinen Verstand, sondern durch mein Herz.

Das macht uns das heutige Evangelium ebenso deutlich: Glaube, Gottesbeziehung, ist in erster Linie eine Herzensangelegenheit. Gott bittet uns nicht darum, ihn zu verstehen, sondern ihn zu lieben. Wir haben die Worte Jesu gehört: „Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“ Das sind keine dogmatischen Lehrsätze, über die man sich immer und immer wieder den Kopf zerbrechen sollte, damit man sie endlich versteht, sondern Worte, die unser Herz ansprechen wollen – und sie sagen uns etwas ganz einfaches: Gott liebt dich – er ist immer da für dich, egal was geschieht. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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