From Franz von Sales

Lexikon: Predigten :: Sonntage im Kirchenjahr :: 14 Sonntag im Jahreskreis - LJ B

PREDIGT zum 14. Sonntag i.Jk. - LJ B

"Freiheit" (Mk 6,1b-6)

Liebe Schwestern und Brüder,

„Die Freiheit ist der kostbarste Teil des Menschen“. So sagt der hl. Franz von Sales. Wie kommt er darauf? Er lebte jedenfalls nicht in einer Zeit, in der Freiheit so groß geschrieben war wie heute. Die französische Revolution und ihre Ruf „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ hat noch nicht stattgefunden, ebenso wenig wie die Menschenrechtsdeklaration, die die freie Meinungsäußerung des Menschen zum Grundprinzip erklärt. Es gab noch keine Demokratien. Sowohl Kirche als auch Staat waren genau hierarchisch geordert. Der König befiehlt, die Untertanen gehorchen. Wer sich die Freiheit nimmt, einen Befehl zu missachten, hat die Konsequenzen zu tragen, was nicht selten die Hinrichtung bedeutete. Franz von Sales selbst hat sich immer an diese hierarchischen Strukturen gehalten. Als er einmal gegenüber dem Papst eine Aussage des Konzils von Trient zitierte, meinte der Papst, dass er aber jetzt anderer Meinung sei. Darauf sagte Franz von Sales: Dann ist diese Meinung richtig, denn der Papst steht über dem Konzil. Warum aber behauptet Franz von Sales trotzdem, dass die Freiheit der kostbarste Teil des Menschen ist. Franz von Sales war kein Politiker, sondern Theologe. Und als solcher stellte er fest, dass Gott jedem Menschen einen freien Willen geschenkt hat. Nicht, weil Gott der Vorreiter der französischen Revolution sein wollte, sondern rein aus Liebe zu den Menschen. Und Liebe funktioniert eben nur in Freiheit. Ein erzwungenes „Ich liebe dich“ ist nichts wert. Es sind bloße Worte, ohne Gewicht. Erst wenn ein Mensch aus freiem Entschluss zu einem anderen Menschen Ja sagt, dann kommt Liebe zur wahren Entfaltung. Daher ist die erste Frage, die ein Brautpaar bei der Hochzeit gestellt bekommt: „Bist du hier aus freiem Entschluss“. Die Feststellung dieser Freiheit gehört beim Ehegespräch zu einem der wichtigsten Elemente. Druck, Drängen oder Zwang stellen ein Ehehindernis dar.

Gott möchte, dass wir Menschen ihn lieben und zwar in Freiheit. Nicht weil er der Allmächtige ist, der nur mit dem Finger schnippen braucht, um eine Sintflut auszulösen, sondern weil er uns liebt. Wir Menschen sind dazu berufen, auf diese Liebe Gottes zu uns Antwort zu geben – und zwar in aller Freiheit. Deshalb, so Franz von Sales, ist diese Freiheit der kostbarste Teil des Menschen. Nur in Freiheit ist es möglich, die richtige Antwort auf die Liebe Gottes zu uns Menschen zu geben.

Jesus Christus ist im heutigen Evangelium in Nazareth, in seiner Heimatstadt. Er lehrt in der Synagoge. Die Menschen staunten über diese Lehre. Doch dann fragen sie sich: Woher hat er das alles? Wir kennen ihn doch, er ist doch der Sohn Marias und Josefs des Zimmermanns. Er hat uns also gar nichts zu sagen. Wir lehnen ihn ab. Die Menschen von Nazareth nutzten ihre Freiheit also dazu, Jesus – obwohl er sie in Staunen versetzt – abzulehnen. Wir wollen nichts von dir wissen, verschwinde.

Und dann folgt die Konsequenz: Jesus konnte dort keine Wunder tun. Gott kann dort, wo er abgelehnt wird, wo nicht in Freiheit Ja zu ihm gesagt wird, keine Wunder vollbringen. Seine Liebe kann nicht zur vollen Entfaltung kommen, weil Liebe nur in Freiheit möglich ist.

Franz von Sales beschreibt dies mit wunderschönen Worten: „Gott zieht uns nicht mit eisernen Fesseln an sich wie Stiere oder Büffel, sondern er wirbt um uns, er lockt uns liebevoll ... Das [entspricht] … der Beschaffenheit des menschlichen Herzens, das von Natur aus frei ist … Wenn er uns belehrt, lässt er uns Freude daran empfinden; er tut uns keinen Zwang an. … So wird also … unsere Freiheit durch die Gnade keineswegs vergewaltigt oder zu etwas gezwungen. Wie allmächtig auch die Kraft der barmherzigen Hand Gottes ist, … der menschliche Wille bleibt doch stets vollkommen frei, ohne einem äußeren oder inneren Zwang zu unterliegen.“ (DASal 3,129f)

Wir sind eingeladen, aus freiem Willen unser Ja zu diesem liebevollen Werben Gottes zu sagen. Die Menschen in Nazareth haben es nicht getan, wir können es heute tun. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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