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Über die Heilige Eucharistie II

Annecy, Juli 1597 (OEA VII,328-341; DASal 9,92-97)

"Meine lieben Zuhörer, am Sonntag habe ich euch gesagt, daß alle Schwierigkeiten, die unsere Gegner gegen den Glauben an die wirkliche Gegenwart des Leibes und Blutes Unseres Herrn im allerheiligsten Sakrament vorbringen, sich auf zwei Zweifel der Juden und der Jünger unseres Herrn Jesus Christus zurückführen lassen, als er diese Glaubenswahrheit lehrte. Der eine war: Wie kann der uns sein Fleisch zu essen geben? Der andere war: Diese Rede ist hart; wer kann sie hören? (Joh 6,53.61). Denn alle Einwände, die man gegen uns erhebt, laufen darauf hinaus, daß diese Gegenwart entweder nicht eingesetzt und verwirk-licht werden kann oder daß sie ungehörig sei. Und es scheint, daß alle Stellen der Heiligen Schrift, die sie herangezogen haben, ihnen nur als Bestätigung dieser beiden Zweifel zugute kommen. Nun, ich will zunächst nachweisen, daß Gott es kann, sowohl nach dem allgemeinen Grundsatz seiner Allmacht als auch durch bestimmte Beispiele, daß der gleiche Körper an mehreren Orten sein kann. Dann will ich euch zeigen, daß die Art, wie Unser Herr in diesem Sakrament gegenwärtig ist, keineswegs hart und schrecklich ist, sondern überaus köstlich und lieblich.

Nun will ich euch in der Fortsetzung der Predigt über den gleichen Gegenstand zeigen: (1.) Es ist keineswegs unmöglich, daß sich in diesem heiligen Sakrament ein Körper an einem bestimmten Ort befindet, ohne die äußere Ausdehnung anzunehmen, wie wir es naturgemäß bei anderen Körpern sehen. 2. Die Transsubstantiation ist keineswegs unmöglich, sondern in diesem Sakrament durchaus verwirklicht. 3.Aus allem, was ich sagen werde, will ich die Anbetung dieses heiligen Sakramentes begründen.

Herr, von ganzem Herzen will ich deine Allmacht preisen, wenn du meine Lippen zu deinem Lob öffnest (Ps 51,17). Ich will deine Majestät im heiligen Sakrament anbeten, wenn du deine Worte stets in meinem Herzen bewahrst. Denn dein Wort belehrt mich, daß du hier wahrhaft gegenwärtig bist als Gott und Mensch und daß diese Gegenwart deinem Willen weniger unmöglich ist als unserem schwachen Verstand unbegreiflich, wie alle übrigen deiner Werke wunderbar sind. Damit diese Bitte bei deiner göttlichen Güte Erhörung finde, vereinigen wir sie mit der Fürsprache Unserer lieben Frau: Ave.

(1.) Wir sind also fest davon überzeugt, daß ein Körper an mehreren Orten zugleich sein kann im Gehorsam gegen die Anordnung des allmächtigen Gottes, dem darin nichts unmöglich ist. Ich sage nun: ein Körper kann an einem Ort gegenwärtig sein, ohne an ihm irgendeinen Raum einzunehmen, ohne daß man ihn sehen, berühren und wahrnehmen kann. Für die meisten von euch ist es vielleicht erforderlich, den tieferen Grund dieser Schwierigkeit zu erkennen; hört also aufmerksam zu, ich will mich ausführlich dazu äußern.

Wenn sich ein Gegenstand an einem Ort befindet, sind wir gewohnt, an ihm zwei Dinge, zwei Beschaffenheiten, zwei Eigenheiten wahrzunehmen. Das eine ist seine Gegenwart, daß also der Gegenstand aneinem Ort anwesend ist. Diese Tatsache bedeutet nichts anders, als daß er sich an einem Ort befindet. An einem Ort gegenwärtig sein bedeutet also nur, hier zu sein; abwesend sein heißt, nicht hier sein. Die andere Beschaffenheit, die wir an einem Gegenstand feststellen, der sich an einem bestimmten Ort befindet, ist die, daß er hier einen Raum einnimmt, d. h. er ist hier in der Weise, daß gleichzeitig mit ihm kein anderer Gegenstand hier sein kann. Er füllt den Ort, an dem er sich befindet, so aus, daß ein anderer Gegenstand dort nicht Platz haben kann.

Nach unserer schwerfälligen Denkweise scheinen uns diese zwei Beschaffenheiten so eng miteinander verbunden, daß sie in keiner Weise voneinander getrennt werden können. Wir sind der Meinung, wenn ein Gegenstand sich an einem Ort befindet, nehme er dort einen Raum ein, folglich könne dort kein anderer Gegenstand gleichzeitig mit ihm sein. Die Sache verhält sich aber trotzdem nicht so, denn es ist ein großer Unterschied zwischen dem Gegenwärtigsein und der räumlichen Ausdehnung, so daß das eine sehr wohl ohne das andere möglich ist. Ich will damit sagen: Ein Gegen-stand kann ganz wirklich an einem Ort gegenwärtig sein, ohne dort einen Raum einzunehmen. So nehmen die Dinge um so weniger Raum ein, je vollkommener sie an einem Ort gegenwärtig sind. Davon sollen euch folgende Beispiele überzeugen.

Die Majestät Gottes ist so sehr überall gegenwärtig, daß der hl. Paulus gesagt hat: Keinem von uns ist er ferne; denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir (Apg 17,27f). Das sagte er zu den Athenern vom unbekannten Gott (17,23). Ebenso sagte ich euch neulich die Worte Davids (Ps 139,8): Steige ich zum Himmel hinauf, so bist du da; steige ich hinab in die Unterwelt, du bist da. Wenn er überall gegenwärtig ist, so bedeutet das, daß er keinen Platz oder Raum einnimmt. So nehmen auch die Engel in sich keinen Raum ein, so daß ganze Legionen von Teufeln sich in einem Leib befanden (Mt 5,9). Das Gegenwärtigsein ist also möglich, ohne einen Platz einzunehmen. Das trifft regelmäßig bei den Engeln zu; bei körperlichen Dingen gibt es in der Regel keine Anwesenheit eines Gegenstandes, ohne daß sie einen Platz einnehmen.

Da liegt nun die offene Streitfrage zwischen uns und unseren Gegnern. Wir sagen: Wie bei geistigen Dingen in der Regel das Gegenwärtigsein getrennt ist von der räumlichen Ausdehnung, ebenso kann es durch die Allmacht Gottes auch bei körperlichen Dingen geschehen. Sie leugnen das, wir beweisen es. Unser erster Beweis besteht darin, was wir am Sonntag sagten, wie umgekehrt das, was wir am Sonntag bewiesen haben, durch das bestätigt wird, was wir nun sagen, denn es liegt in der Natur der Wahrheit, daß ihre Sätze sich gegenseitig stützen.

Am Sonntag haben wir gesagt, daß ein Körper an zwei Orten sein kann, und wir haben es hinreichend bewiesen. Also können auch zwei Körper an einem Ort sein; denn es ist nicht schwieriger, daß zwei Körper nur einen Platz haben, als zu sagen, daß ein und derselbe Körper an zwei Orten ist. Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als daß ein Reicher in das Himmelreich eingeht. Als die Jünger das hörten, wunderten sie sich sehr und sagten: Wer kann da noch gerettet werden? Jesus blickte sie an und sagte: Bei den Menschen ist das unmöglich, bei Gott ist alles möglich (Mt 19,24-26). Wie anders könnte es geschehen, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als daß es keinen Raum einnimmt? Ein so großes Tier auf so kleinem Raum zu sehen, ist das nicht ein schönes Beispiel für unsere Frage? Ich weiß sehr wohl, daß darunter manche eine Hanfschnur verstehen, die man cable (Tau) nennt; aber alle Kirchenväter verstehen darunter dieses Tier. Seht, er sagt, daß das alles bei den Menschen unmöglich ist; aber weder das noch etwas anderes ist unmöglich bei Gott. Und wenn es nicht unmöglich ist, einen so großen Körper auf einen so kleinen Raum zu versetzen, warum sollte es unmöglich sein, daß er einen verklärten menschlichen Leib in der Hostie und in deren kleinsten Partikeln birgt?

Nach dem hl. Johannes (20,19-26) kam Unser Herr am Tag seiner Auferstehung bei verschlossener Tür zu den Jüngern, war bei ihnen und sagte: Der Friede sei mit euch. Öko-lampadius sagt, er sei durch das Fenster eingestiegen; Calvin, er habe die Tür geöffnet und wieder geschlossen, oder er habe sie zerstört und sogleich wieder hergestellt. Petrus der Märtyrer sagte, er sei durch irgendeine Öffnung hereingekommen oder habe die Tür dünn gemacht oder bewirkt, daß sie nachgab. Meine Brüder, ich betone, daß diese Erklärungen und Auslegungen nicht in der Heiligen Schrift stehen. Mein Gott, was dem menschlichen Geist widerstrebt, ist ihm wirklich verhaßt. Was erfindet er nicht alles, um sich zu rechtfertigen! Seht beim hl. Lukas (24,36f), wie seine Jünger sich wunderten über dieses plötzliche Erscheinen; da sie die Türen wohl verschlossen sahen, glaubten sie einen Geist zu sehen. Ebenso glauben unsere Gegner, wenn man ihnen sagt, daß Unser Herr keinen Raum einnimmt, es sei nicht sein Leib. Nein, nein, es ist sein Leib; es ist nicht die Erscheinung eines Geistes, es ist sein wirklicher Leib, aber vergeistigt.

Wenn die Väter gedacht hätten, daß diese Ausflüchte stichhaltig seien, hätten sie sich ihrer bedient gegen die Marcioniten, die den Abschnitt beim hl. Johannes als Ein-wand gebrauchten, um zu beweisen, daß der Leib Unseres Herrn ein Scheingebilde sei, wie der hl. Cyrillus an der genannten Stelle bezeugt. Doch kein Angriff ließ sie je auch nur einen Schritt zurückweichen. Sie wollten in allem und unter allen Umständen am natürlichen und einfachen Sinn der Heiligen Schrift festhalten.

Ach, mein Gott, mein Erlöser, mein Herr, erlaube mir denn, daß ich von deinem ersten Eintreten in diese Welt spreche. Damals hast nicht du, sondern haben die Engel an deiner Stelle gesungen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen guten Willens (Lk2,14), als sie dich den Menschen gleich sahen, ein kleines Kind, arm, nackt und weinend. Wie erschienst du, Herr, bei diesem Kommen hier unter den Menschen? Ohne Zweifel blieb die jung-fräuliche Pforte Unserer lieben Frau, deiner heiligen Mutter, fest verschlossen, als du hier erschienst, denn sie war während und nach der Geburt Jungfrau. Weder an ihrer hochheiligen Seele noch an ihrem Leib erlitt sie irgendeinen Schaden. Seht ihr, meine Brüder, Unser Herr ging mit seinem wirklichen Leib aus dem Schoß seiner Mutter hervor ohne die geringste Minderung oder Verletzung ihrer Jungfräulichkeit; muß das nicht geschehen sein, ohne daß er einen Raum einnahm? Ging er nicht aus diesem jungfräulichen Leib hervor unter Aufhebung der Ausdehnung?

Es könnte Gott nicht gefallen, wollte ich sagen, was unsere Gegner an dieser Stelle antworten; es widerspräche der Ehrfurcht. Sie wollen um jeden Preis wahrhaben, was sie einmal gesagt haben. Lieber geben sie die Jung-fräulichkeit der Mutter Gottes preis, als ihren Fehler zuzugeben. Gewiß, Jovinian wurde als Häretiker betrachtet unter anderem, weil er gesagt hatte, Unsere liebe Frau habe ihre Jungfräulichkeit verloren, als sie ihren Sohn gebar. Jesaja sagt und bestätigt (7,14), daß die Mutter Gottes Jungfrau war, nicht nur, als sie empfing, sondern auch als sie gebar: Siehe, die Jungfrau wird empfangen und gebären; und in unserem Glaubensbekenntnis heißt es: „Geboren von Maria der Jungfrau.“

Ging etwa Unser Herr nicht aus dem verschlossenen Grab hervor? Ohne Zweifel. Der hl. Matthäus (28,2) und der hl. Markus (16,4) sagen, daß der Engel den Stein wegwälzte, nachdem Unser Herr auferstanden war. Also ging er durch den Stein hindurch, ohne den geringsten Raum einzunehmen.

Wünscht ihr noch, meine Herren, daß ich mich des Zeugnisses des hl. Augustinus im 22. Buch des „Gottesstaates“ (c. 8, § 21) bediene? Dort berichtet er, daß Petronia von einem gewissen Juden einen Ring besaß, in dem sich ein Stein befand, der sie von einer bestimmten Krankheit heilen sollte, an der sie litt. Der Ring war sehr gut an einem Band angebunden und befestigt, sehr stark und fest. Sie ging nun zum Grab des hl. Stephanus. Damit die Heilung nicht dem Ring des Juden zugeschrieben werde, fiel der Ring plötzlich der Frau zu Füßen, ohne daß er zerbrochen, noch das Band gelöst oder zerrissen war. So, sagt der hl. Augustinus, muß man glauben, daß Unser Herr aus dem jungfräulichen Schoß hervorging, ohne ihn im geringsten zu verletzen. Ihr seht also, daß ein Körper an einem Ort sein kann, ohne hier einen Raum einzunehmen.

Unsere Gegner wissen nicht, was sie sagen sollen. Sie sehen, daß unsere Beweise gut in der Heiligen Schrift begründet sind, in der sie geforscht haben, ob es dort nichts gebe, was ihrer Leugnung dienlich sein könnte. Da sie sahen, daß es dort nichts gibt, stürzten sie sich auf die Philosophie und wollten zeigen, daß das unmöglich sei. Wenn ich die Begründung wiedergeben wollte, die Petrus der Märtyrer und Calvin vorbringen, so habe ich es doch nie getan, obwohl es mir ein Leichtes wäre, ihnen mit Philo-sophie und mit der Scholastik zu antworten. Aber ich habe es nicht nötig, mich auf die Philosophie zu stützen, wenn ich das Wort Gottes für mich habe. Unser Herr antwortet auf alle diese Argumente hinreichend, wenn er beim hl. Matthäus (18,26) sagt: Bei Menschen ist das unmöglich; bei Gott ist alles möglich. Ihr versteht das nicht? O, deswegen muß man nicht aufhören, zu glauben. Wenn ihr aber die Heilige Schrift zugunsten der Philosophie aufgeben wollt, dann sagt mir bitte, wie ihr sehen könnt: ob es nämlich durch Ausstrahlung oder durch Einstrahlung geschieht. Wenn es das erste ist, wie kann euer Auge so viele Dinge enthalten, obwohl es so klein ist? Wie kann es so viele Strahlen haben, als notwendig sind, um ein ganzes Gebirge zu bedecken, das es mit einem Blick sieht, und den Raum von fünfzig Meilen Entfernung einzunehmen. Der dünnste Faden der Welt ergäbe bei dieser gewaltigen Entfernung einen sehr großen Knäuel. Wenn es das zweite ist, wie kann euer Auge eine Darstellung so großer und so verschiedener Dinge aufnehmen, da es so klein ist? Sie werden mir sagen: So wie das körperliche Licht in einem Augenblick Himmel, Licht und Wasser durchdringt; außerdem, daß es keine Substanz habe, wenn dies heißt, daß es stofflich ist.

Wohlan, meine Brüder, das ist in der Tat die Wahrheit: Unser Herr ist in der Eucharistie gegenwärtig, ohne darin einen Raum einzunehmen. Hier sind die Teile zugleich wohlgestaltet, aber ohne irgendeine räumliche Ausdehnung, da sie keinen Raum einnehmen. Man wird mir sagen: Wie kann das geschehen, da er unsichtbar und nicht faßbar ist? Das ist leicht; denn als man Unseren Herrn von der Höhe des Berges stürzen wollte, ging er mitten durch sie hinweg, ohne dabei gesehen oder bemerkt zu werden (Lk 4,29f). Als er nach seiner Auferstehung die Jünger in Emmaus verließ, verschwand er vor ihnen und sie sahen ihn nicht mehr, ob-wohl sie ihn vorher gesehen hatten und ihnen die Augen geöffnet worden waren (Lk 24,31).

Von all diesen Seiten gibt es also keine Schwierigkeit mehr. Ein Körper kann an zwei Orten sein, wie aus der Geschichte der Bekehrung des hl. Paulus (Apg 9,3-7; 22,6-9) hervorgeht. Ein Körper kann an einem Ort sein, ohne einen Raum einzunehmen, wie aus dem Eintreten Unseres Herrn durch verschlossene Türen und aus seiner Geburt hervorgeht. Ein Körper kann an einem Ort sein, ohne daß man ihn sehen und erkennen kann, daß er da ist, wie aus den Beispielen hervorgeht, die ich angeführt habe.

(2.) Da gibt es aber doch noch eine Schwierigkeit. Unsere Gegner wollen nicht von ihrem Wie ablassen. Sie fragen: Wie ist es möglich, daß etwas, das eben noch Brot war, nun Fleisch Unseres Herrn ist? Das ist möglich durch die vollkommene Verwandlung des Wesens in ein Wesen, die man sehr richtig mit dem Wort Transsubstantiation bezeichnet. Jene, die Luther folgen, um die Kirche zu bekämpfen, vertreten die Meinung, daß es in diesem Sakrament keine Verwandlung des Brotes gebe, daß vielmehr weiterhin Brot da sei. Trotzdem erklären sie, daß der wahre Leib Unseres Herrn zugegen sei. Die Calvin folgen, leugnen die Verwandlung des Brotes und gleichzeitig die wirkliche Gegenwart des Leibes. Nun, die Kirche bekennt sich zur Wirklichkeit und sagt, daß der Leib Unseres Herrn hier wahrhaft gegenwärtig ist, ohne die geringste Substanz des Brotes, die in sein Fleisch verwandelt wurde ... Petrus der Märtyrer bestreitet im Buch gegen Gardinerus fest und heftig diese Wesensverwandlung als etwas Unmögliches.

Ich weiß allerdings nicht, worin sie diese Unmöglichkeit erblicken. Hat man nicht gesehen, daß auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa die Substanz des Wassers verwandelt wurde in die Substanz des Weines (Joh 2,9: es ist zu Wein geworden), die Frau des Lot in eine Salzsäule (Gen 19,26)? Aber seht doch, wie selbst der Teufel anerkennt, daß die Wesensverwandlung möglich ist: Wenn du der Sohn Gottes bist, sag, daß diese Steine Brot werden (Mt 4,3). Doch welche Schwierigkeit: Er verwandelt Felsen in einen See und die Klippe in Wasserquellen (Ps14,8). Wurde der Stab Aarons nicht wirklich in eine Natter verwandelt(Ex 7,10f)? Die Schrift sagt nämlich, was die anderen taten, ist durch Zauberei geschehen, was aber Aaron tat, geschah wirklich. Hat nicht unser Erlöser das Nichts in das All verwandelt? Wird er nicht bei der Auferstehung unsere Verwesung in einen schönen Leib verwandeln (1Kor 15,42-44)? Hat er nicht den Staub in Fleisch verwandelt (Gen3,19. 23)? Es gibt also keinen Zweifel mehr, daß das möglich ist. Nun will ich beweisen, daß es bei der Einsetzung des aller-heiligsten Sakramentes geschehen ist.

Unser Herr nahm das Brot und sprach: Das ist mein Leib (Mt 26,26). Also ist es nicht mehr Brot, wenn es der Leib des Herrn ist; denn wäre das, was er in seinen ehrwürdigen Händen hielt, nicht verwandelt worden, könnte er nicht sagen, daß es etwas anderes sei, als es vorher war. Vorher war es Brot, jetzt ist es sein Leib; also ist es von Brot in seinen Leib verwandelt worden. Er kann nicht sagen, daß hier sein Leib ist und außerdem das Brot. Denn wer einen Sack, halb mit Weizen und halb mit Hafer gefüllt, verkauft und sagte: „Kauft das, es ist Weizen“, der hätte ohne Zweifel die Welt betrogen und würde für einen Lügner gehalten. Ebenso würde einer als Lügner betrachtet, der von einem Faß voll Wasser und Öl sagte: „Das ist Öl.“ Man kann also nicht sagen, daß da noch Brot sei, wenn Unser Herr sagt: Das ist mein Leib. Indem er sagt: Hoc est corpus meum, zeigt er klar, daß er das Brot verwandelt hat.

Außerdem bei Johannes (6,52), wo Unser Herr sagte: Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.Wäre das, was er ankündigte, nicht durch eine Verwandlung entstanden, dann wäre das falsch. Denn Brot, das Brot bleibt, kann nicht Fleisch sein. Er muß also darunter ein verwandeltes Brot verstanden haben, eines, wie er es hier selbst beschrieb: Ich bin das lebendige Brot, der ich vom Himmel herabgekommen bin (6,51).

Sie möchten also, meine Herren, daß man in diesem Sakrament den Magen und den Geist gleichzeitig erquickt? Nein, das wäre nicht zu vereinbaren. Ich weiß, daß darin eine Schwierigkeit liegt, aber die gibt es andersherum noch mehr. Und was die Heilige Schrift betrifft, so ist alles, was sie gegen uns einzuwenden wissen, daß erstens der Ausdruck Transsubstantiation nicht in der Schrift steht; darauf antworte ich: auch nicht der Name Drei-faltigkeit, nicht homousios (wesensgleich) noch Theotokos (Gottesgebärerin). Es genügt, daß die Sache in der Schrift enthalten ist, auch wenn es der Name nicht ist.

Zweitens sagen sie, daß dieses Sakrament Brot genannt wird; ich antworte aber: das ist nicht deswegen, weil es Brot wäre, sondern weil es das äußere Aussehen des Brotes hat, oder vielleicht, weil es aus dem Brot geschaffen wurde, oder weil es die Wirkung und Eigenschaften des Brotes hat, oder weil nach dem Sprachgebrauch der Hebräer jede Art von Speise Brot genannt wurde (wie man beim Manna sieht, das in Ex 16,15.32 Brot genannt wurde, während Unser Herr nicht sagte: Mein Fleisch ist wahrhaft ein Brot, sondern: ist wahrhaft eine Speise, was dasselbe ist, als da er sagte: Ich bin das lebendige Brot: Joh 6,56.51). Die Schrift bezeichnet außerdem die Dinge gewöhnlich mit dem Namen dessen, woraus sie gemacht sind, wie man in Ex 7,12 leicht sehen kann, wo der Stab Aarons, nachdem er in eine Schlange verwandelt war, weiterhin als Stab bezeich-net wurde; in Gen 3,19 wird der aus dem Staub gewonnene und geschaffene Mensch weiterhin Staub genannt.

Drittens sagen sie, die Lehre von der Wesensverwandlung sei neu; aber damit täuschen sie sich sehr, denn in Wahrheit bestand sie zu allen Zeiten in der Kirche. Es wäre ein Leichtes, alles zu sammeln, was die Alten darüber gesagt haben. Hört einiges davon. Der hl. Cyprian, der vor mehr als 1300 Jahren lebte, sagt in der Predigt vom Herrenmahl: „Dieses Brot, das der Herr den Jüngern reichte, war nicht im Aussehen sondern im Wesen verwandelt und durch die Allmacht des Wortes Fleisch geworden.“ Der hl. Cyrillus von Jerusalem (Catech. 4): „Einst verwandelte er Wasser in Wein, wird er nicht Glauben verdienen, wenn er den Wein in Blut verwandelt?“ Gregor von Nyssa (Or. Catech. Magna, c. 37): „Zu Recht glauben wir, daß das Brot, durch das Wort geheiligt, in den Leib des Wortes Gottes verwandelt wird.“ Der hl. Augustinus, den Beda zitiert: „Nicht jedes Brot wird der Leib Christi, sondern nur jenes, das den Segen Christi empfängt.“ Schließlich wurde vor 500 Jahren auf einem allgemeinen Konzil unter Papst Nikolaus II., der aus diesem Land Savoyen und aus einem sehr edlen Hause stammte, Berengar gezwungen, diesem Irrglauben abzuschwören. Wollen wir das ganze Altertum preisgeben, das sich so gut auf die Heilige Schrift stützt, um einer kleinen Schwierigkeit auszuweichen und den Schlußfolgerungen unseres eigenen Geistes zu schmeicheln? Ziehen wir also den Schluß, daß nach der Wandlung der wahre Leib Unseres Herrn gegenwärtig ist. Hier ist keine andere Substanz, welcher Art sie auch sein mag. Er ist gegenwärtig, sage ich, wirklich und ganz wahr-haftig.

(3.) Daraus folgt der dritte Satz, den ich aufgestellt habe: Da dieses Sakrament Unseren Herrn enthält, ist es anbetungswürdig, muß man es anbeten. Denn wahrhaftig, wenn Jesus Christus Gott ist, ich bitte euch, wer wird ihn nicht anbeten, hier ebenso wie im Himmel, wenn beim hl. Matthäus (4,10) steht: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen? Unser Herr will angebetet sein, wo immer er sein mag. So wurde er angebetet am Kreuz durch den Schächer (Lk 23,42), bei seinem Einzug in Jerusalem von den Scharen, die Hosanna riefen (Mt 21,9), in der Krippe von den Königen (Mt 2,11). In der Eucharistie ist er verborgen, aber das darf kein Hindernis sein, daß er darin angebetet wird; denn er wurde auch von den Königen angebetet, obwohl er in Windeln gewickelt verborgen war.

Nun will ich in einem Zug beweisen, daß Unser Herr wirklich seinem Leib nach in diesem hochheiligen Sakrament gegenwärtig ist, zugleich, daß er darin angebetet werden muß. Das eine kann nicht ohne das andere sein; weder kann er angebetet werden, wenn er nicht gegenwärtig ist, noch kann er gegenwärtig sein, ohne von der Kirche angebetet zu werden, die sich glücklich schätzt, ihrem Bräutigam alle Ehre zu erweisen. Daher bitte ich euch zu beachten, wie angemessen das ist, da diese Anbetung schon von David vorausgesehen wurde, denn er richtet sich im Trost auf und singt (Ps 22,30): Alle Reichen der Erde haben gegessen und angebetet. Augustinus (Epist. 140) sagt: „Die Reichen der Erde haben den Leib der Niedrigkeit ihres Herrn gegessen, sie wurden aber nicht wie die Armen bis zur Nachahmung gesättigt; sie beteten aber dennoch an.“ Ambrosius, Basilius, Theodor. Die Stelle in Ps 99,5: Betet an den Schemel seiner Füße, denn er ist heilig, wird von Augustinus so ausgelegt. Was aber sagt der hl. Paulus (1 Kor 11,29)? Wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht, weil er den Leib des Herrn nicht unterscheidet.

Es gilt also, einen angemessenen Unterschied zu machen und den Leib des Herrn zu verehren. Damit es nicht so aussieht, als sei das eine Neuerung, damit man vielmehr erkenne, daß es die Anbetung der Eucharistie in der Kirche schon immer gegeben hat, daß man folglich immer fest geglaubt hat, daß in ihr der wahre Leib Unseres Herrn gegenwärtig ist, hört kurz das Zeugnis einiger großer Kirchenväter.

Als ersten führe ich den hl. Chrysostomus an, der vor mehr als 1200 Jahren lebte, wegen seiner Vortrefflichkeit gerühmt und „Goldmund“ genannt wurde. In der Homilie 61 an das Volk von Antiochia sagt er: „Bedenke, ich bitte dich, es ist die königliche Tafel; Engel dienen, der König ist selbst zugegen, und du stehst teilnahmslos da? Bete also an und nimm teil am Mahl. Wenn du die Schleier zurückgezogen siehst, öffnet sich der Himmel über dir und die Engel steigen nieder.“ Im 6. Buch „Vom Priestertum“ berichtet er von der Vision eines Greises,die er bewundernswert nennt: Während der Messe sah er plötzlich eine Schar strahlender Engel, die den Altar umgaben und sich verneigten, wie Soldaten vor ihrem König. Beachtet diesen Vergleich, beachtet das Wort Altar. Dann berichtet er von einem anderen, der durch eine Vision erkannte, daß jene, die an ihrem Lebensende das heilige Sakrament ehrfürchtig empfangen, von Engeln umgeben sind, die sie zum Himmel geleiten. Es ist auch schön zu sehen, was er in der 3. und 4. Homilie gegen die Amonäer sagt.

Der hl. Ambrosius spricht in seinem Vorbereitungsgebet dieses heilige Sakrament an und nennt es „heiliges Brot, belebend, rein und schön, überaus köstlich“, und erbittet von ihm die Gnade, in sein Reich zu kommen.

Der hl. Gregor von Nazianz berichtet in der Lobrede auf seine Schwester Gorgonia: Als seine Schwester an einer seltsamen Krankheit litt, kam sie nachts an den Altar, warf sich nieder und betete zu Ihm, der auf dem Altar angebetet wird. Sie nannte ihn bei all seinen Namen und zählte alles auf, was er getan hat; und nun hört, was sie tat: „Sie lehnte unter Klagen und Tränen ihr Haupt gegen den Altar und beteuerte, sie werde nicht fortgehen, ohne die Gesundheit wiedererlangt zu haben ...“ Und so wurde sie geheilt.

Origines, der noch früher lebte, sagt in einer Homilie (zu verschiedenen Evangelien), daß wir in diesem Sakrament den Leib Unseres Herrn in uns gleichsam in unserem Haus empfangen: Herr, ich bin nicht würdig ... (Mt 8,8).

Cyprian in der Predigt „Von den Gefallenen“ (§ 26): „Eine Frau, die ihr Schatzkästchen, in das sie den heiligen Leib des Herrn gelegt hatte, mit unwürdigen Händen zu öffnen versuchte, schreckte davor zurück, als ihr daraus Feuer entgegenschlug.“


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