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LOUIS BRISSON, PRIESTER UND ORDENSGRÜNDER

ZWEITE LESUNG

Louis Brisson († 1908)

Aus einem Kapitel für die Oblatinnen des hl. Franz von Sales vom 7. März 1869.

Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen

In seinen Werken wiederholt der heilige Franz von Sales häufig: „Man muss sehr mutig sein, man muss guten Mut haben.“ Diese Worte erscheinen vorerst befremdlich, schützt doch die Klausur die Heimsuchungsschwestern gegen alle Gefahren. Dennoch ist es wahr, dass sie großen Mut brauchen. Franz von Sales verlangt von seinen Töchtern keine außergewöhnlichen körperlichen Bußwerke, aber die Grundlage seiner Spiritualität, der Ordensregel, die er ihnen gab, ist eine beständige Hingabe an Gott und an Seinen heiligen Willen. Das bedeutet nichts anderes als das Martyrium des menschlichen Willens und seiner Neigungen. Dieses Martyrium führt uns zu einer vollkommenen innigen Vereinigung mit Gott in allen Dingen. Genau dies ist unser Ziel, wir haben kein anderes.
Unser großes Vorbild ist Jesus Christus. Sein ganzes Leben, so wie es uns das Evangelium zeigt, müssen wir in unserem Leben nachahmen. Wie Er betete, wie Er sich in den täglichen Begegnungen verhielt, in Seiner innigen Einheit mit Seinem Vater, in Seinem Eifer für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen, so müssen auch wir sein. Andere Ordensgemeinschaften haben eine der Tugenden des Gottessohnes als Ziel, einen Aspekt Seines Lebens. Die einen ahmen Sein Leben der Predigt und Seine apostolische Tätigkeit nach, andere Seine Demut, andere wieder Sein Leben des Verzichtes und der Selbstvergessenheit. Wir aber müssen uns bemühen, alle Tugenden des Menschensohnes aufleben zu lassen. Er ist unser großer Schutzpatron, unser Vorbild. Und wenn sich Gott als Belohnung für unsere Treue unser bedienen sollte, um Bekehrungen zu bewirken, ja selbst Wunder, so ist deren Urheber allein Gott, der in uns wirkt. Sagte doch der Herr zu Seinen Jüngern: „Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere vollbringen“ (Joh 14,12).
Dies ist unser Leben (meine Kinder). Es ist vielleicht schwerer zu führen, als das von anderen, weil der Weg, den wir gehen, weniger auffällig ist als der anderer Ordensleute, und weil unsere Natur sozusagen ständig getreten, wie unter einer Presse zermalmt und unser egoistischer Eigensinn vernichtet wird. Seien wir über diese Leiden nicht erstaunt, sind sie doch der Weg zum Himmel in der Nachfolge des Herrn.
Jede von uns muss in all ihrem Tun das lebendige Abbild Jesu Christi sein. Allerdings kommt man nicht an einem Tag zu diesem Ergebnis. Deshalb wiederholt Franz von Sales so häufig, dass wir guten Mut haben müssen, viel guten Mut, um immer wieder neu zu beginnen und so zur Vollkommenheit zu gelangen.

RESPONSORIUM
R Wandelt euch und erneuert euer Denken, * damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.
V Erneuert euren Geist und Sinn! Zieht den neuen Menschen an, * damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.

Oration          Unendlich guter Gott, du hast den seligen Priester Louis mit der apostolischen Leidenschaft des lebendigen Glaubens und der eifrigen Nächstenliebe erfüllt. Gewähre uns auf seine Fürsprache, dass wir Christus als frohe und mutige Zeugen des Evangeliums folgen. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

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